Trumps Wall-Street-Riege
11. November 2016Noch kurz vor der Wahl hatte Donald Trump Anzeigen schalten lassen, in denen er Hillary Clintons Unterstützer George Soros und Investmentbanken wie Goldman Sachs als das "Establishment, das die Hebel der Macht in Washington kontrolliert", geißelte. Doch jetzt zeichnet sich immer deutlicher ab, wie viele bekannte Akteure der Wall Street in Trumps Team mit von der Partie sind.
Stephen Feinberg gilt als eines der Schwergewichte innerhalb der New Yorker Großfinanz. Der medienscheue Gründer des Private-Equity-Unternehmens Cerberus gibt sich als bescheidener Macher im Hintergrund, der sein milliardenschweres Finanzimperium aus einem schlicht eingerichteten Arbeitszimmer in seinem Wohnhaus auf der Upper East Side lenkt. Und der, ganz amerikanischer Patriot mit Bodenhaftung, einen Pick-up Truck fährt und nur Anzüge von der Stange trägt.
Feinberg meidet wie kaum ein anderer Wall-Street-Mogul das Licht der Öffentlichkeit. Doch anders als der deutschstämmige Silicon-Valley-Investor Peter Thiel hat Feinberg lange gezögert, Trump öffentlich zu unterstützen. Zunächst hatte er den republikanischen Konkurrenten Trumps, Jeb Bush, in den Vorwahlen mit Spenden unterstützt. Erst Ende Juni trat Feinberg aus dem Schatten. Damals wurde bekannt, dass der Cerberus-Chef in Manhattan ein Fundraising-Dinner im privaten Rahmen für Trump veranstaltet - für 50.000 Dollar pro Teilnehmer, wie die New Yorker Presse kolportierte.
Alte Bekannte aus der Ära Bush
In einem seiner seltenen Interviews verbot Feinberg einem Reporter der New York Times, ihn für den Artikel zu fotografieren. Bekannt wurde der Investor spätestens 2007, als er mit seiner Firma Cerberus Capital Mangement den kriselnden Autobauer Chrysler von Daimler übernahm. Mit von der Partie im innersten Zirkel von Cerberus sind übrigens John W. Snow, Finanzminister unter Präsident George W. Bush und Dan Quayle, Vize-Präsident unter George Bush senior.
Auch Paul Atkins ist kein Unbekannter in der Finanzwelt. Der ehemalige Chef der US-Börsenaufsicht SEC gilt als einer der prominentesten Kritiker der Finanzmarktreformen, die von den Demokraten in der Amtszeit Barack Obamas verabschiedet wurden. Auch Trump hat in seinem Wahlkampf immer wieder betont, dass er Obamas Gesetzesbündel, den Dodd-Frank Act, möglichst schnell wieder kippen möchte. Und dass er stattdessen einen "Glass-Steagull-Act für das 21. Jahrhundert" auf den Weg bringen will.
Mit dem Gesetz aus dem Jahr 1933 hatten die USA unter Präsident Roosevelt die Lehren aus dem Wall Street Crash 1929 gezogen, der die Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre ausgelöst hatte. Diesen Glass-Steagull-Act, der die Trennung der Finanzbranche in Geschäftsbanken, Investmentbanken und Versicherungen vorsah und den Eigenhandel der Geschäftsbanken mit Derivaten verhindern sollte, hatte Präsident Bill Clinton 1999 gekippt. Für viele Experten war das der entscheidende Schritt, der die spätere Finanzkrise 2007 erst möglich machte.
Seit Trumps Wahlsieg taucht der ehemalige Goldman-Sachs-Manager Steven Mnuchin als Kandidat für den Posten des Finanzministers auf. Trump hatte ihn erst im Mai als Finanzchef seiner Kampagne in sein Team geholt. Mnuchin, der 17 Jahre lang den Hypothekenhandel der Investmentbank leitete, wäre damit nach Robert Rubin und Hank Paulson der dritte Goldman-Sachs-Top-Manager an der Spitze des US-Finanzministeriums. Neben Mnuchin tauchte nach der Wahl auch der Name des JPMorgan-Chefs Jamie Dimon auf. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters soll ein hochrangiger Mitarbeiter Trumps bei Dimon vorgefühlt haben, ob er an dem Job des Finanzministers interessiert sei.
Wirtschafts-Tipps vom Abwickler der US-Stahlindustrie
Die Autoren von Donald Trumps Wirtschaftsprogramm sind der Milliardär Wilbur Ross und Peter Navarro, Wirtschaftsprofessor an der University of California in Irvine. Während Navarro als Kritiker der US-Handelspolitik gilt, spielte Ross als Investor eine höchst umstrittene Rolle bei der Abwicklung der US-Stahlindustrie vor rund zehn Jahren. Damals gingen bei der Zerschlagung von Bethlehem Steel und der International Steel Group unter der Federführung von Wilbur Ross zehntausende Jobs in US-Staaten wie Ohio und Pennsylvania verloren - also ausgerechnet in den "Rust Belt" Staaten, wo Donald Trump als vermeintlicher Anwalt des kleinen Mannes die Präsidentschaftswahl für sich entscheiden konnte.
David Malpass ist der ehemalige Chef-Volkswirt der untergegangenen Investmentbank Bear Stearns, die als erstes Opfer der globalen Banken- und Finanzkrise gilt. Nur durch den von der US-Notenbank mit eingefädelten Verkauf an die Großbank JPMorgan Chase hatte im Mai 2008 der Konkurs von Bear Stearns verhindert werden können. Und dass mit John Paulson ausgerechnet einer der prominentesten Profiteure der Immobilien-Subprime-Krise, die damals Bear Stearns das Genick brach, ebenfalls mit im Boot der Wirtschafts- und Finanzberater Donald Trumps sitzt, kann da eigentlich schon gar nicht mehr verwundern.