Die Welt begrüßt 2022
1. Januar 2022Mindestens einmal im Jahr schafft es Samoa in die Schlagzeilen der Weltpresse. Der Inselstaat in Polynesien, dessen Staatsoberhaupt O le Ao O le Malo Va'aletoa Sualauvi II. seltener als viele seiner Kollegen von den Nachrichtenagenturen erwähnt wird, weiß, was er den übrigen Erdenbewohnern an diesem Tag schuldig ist.
Weil die parlamentarische Republik - ebenso wie Kiribati und das Königreich Tonga - im Südpazifik dicht an der Datumsgrenze liegt, die in der Nähe des 180. Längengrads verläuft, dürfen die 200.000 Einwohner als erste Neujahr feiern und kommen dank dieser globalen Pole-Position garantiert in die Zeitung. Vorsorglich wurden laut Tourismusbehörde fünf Pyrotechnik-Experten aus Neuseeland eingeflogen. Diese hätten in ihrem Heimatland erst eine Stunde später Gelegenheit gehabt, das neue Jahr zu begrüßen.
Während in Samoa diesmal wieder Böller und Raketen gezündet werden durften, spie im Archipel Tonga der Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha'apai geräuschvoll Asche und Gas in die Luft.
Weniger gefahrvoll war das Himmelsschauspiel in der australischen Metropole Sydney, das um 14.00 Uhr MEZ am berühmten Opernhaus gezündet wurde, dessen Silhouette neben der Hafenbrücke in keiner Silvesterreportage fehlen darf. Anders als im Vorjahr waren Zehntausende zahlende Zuschauer zugelassen - obwohl der Bundesstaat New South Wales, zu dem die Fünf-Millionen-Metropole gehört, kurz zuvor so viele Corona-Neuinfektionen verzeichnet hatte wie noch nie.
Aus Furcht vor dem Virus galten an etlichen Orten strenge Vorschriften: wo gefeiert werden darf und wie - wenn überhaupt -, und ob es statthaft ist, den allgemeinen Lärm zum Jahresausklang zielgerichtet zu vermehren.
In China etwa sagten mehrere Städte Feuerwerke und größere Festlichkeiten ab, darunter Peking und auch Wuhan, die Stadt, in der Ende 2019 das Coronavirus erstmals nachgewiesen wurde. Aufgrund der höchsten Infektionszahlen seit mehr als 21 Monaten ist die nordwestliche Provinzhauptstadt Xian derzeit vollständig abgeriegelt; sämtliche 13 Millionen Bewohner dürfen ihre Häuser so gut wie gar nicht mehr verlassen.
Allerdings ist für die Chinesen Silvester kein herausragender Grund für Festivitäten. Nach ihrem traditionellen Mondkalender beginnt das neue Jahr erst im Februar.
So lange wollten die Menschen in Thailand - einem der wenigen Fernziele, an dem sich derzeit Scharen von Touristen aufhalten - mit dem Feiern nicht warten. Hier durften viele Lokale ausnahmsweise bis 1.00 Uhr öffnen und bis dahin auch Alkohol ausschenken.
Kaum Einschränkungen gab es in Russlands Hauptstadt Moskau, wo am Roten Platz ein großes pyrotechnisches Spektakel stattfand. Bei Minustemperaturen schlug die Uhr am Kreml zwölf Mal, um das Jahr 2022 einzuläuten. Dessen Hausherr Wladimir Putin war nicht nur zum Feiern zumute. Er erinnerte in seiner Neujahrsansprache an die vielen Corona-Toten und sprach den Menschen Mut zu.
Im Gegensatz zu Russland verabschiedete sich 2021 in Deutschland mit ungewöhnlich milden Temperaturen. Wer das gerne am Brandenburger Tor ausgenutzt hätte, wo traditionell eine der größten Silvesterfeiern auf dem Globus stattfindet, wurde diesmal freilich enttäuscht. Denn die Hauptstadtparty fiel - samt fernsehtauglichem Höhenfeuerwerk - aus. Allein eine TV-Show, die von dort übertragen wurde, sollte für die gewohnte Jahresendfröhlichkeit sorgen.
Da auch für den privaten Rahmen Kontaktbeschränkungen und ein Verkaufsverbot für Feuerwerk galten, waren die Haustiere - als deren Schutzpatron Papst Silvester gilt, nach dem dieser Tag benannt ist - die eigentlichen Profiteure der Pandemie: Sie brauchten sich nicht vor zu viel Krach zu fürchten, und ihre Herrchen und Frauchen sind wohl auch im neuen Jahr öfter zu Hause.
In London, wo 2022 eine Stunde später als in Berlin begann, warteten die Menschen zum Jahreswechsel vor allem auf ein akustisches Schauspiel: Zum ersten Mal nach mehrjährigen Restaurierungsarbeiten an der vielleicht berühmtesten aller Uhren erklang der Glockenton von Big Ben am Palace of Westminster wieder offiziell.
Im Vereinigten Königreich meldete der Wetterdienst übrigens den wärmsten Jahreswechsel, der jemals dort registriert wurde. Der Rekord ging mit 15,3 Grad an Coningsby, einen Ort mit weniger als 4000 Einwohnern in der Grafschaft Lincolnshire, der - anders als das presseverwöhnte Samoa - nun erstmals bei Journalisten in aller Welt gebührende Beachtung fand.
Apropos presseverwöhnt: Das ist - selbstredend - auch New York. Trotz rekordverdächtiger Corona-Infektionszahlen wurde das neue Jahr am Times Square wieder mit Publikum begrüßt. Um Mitternacht glitt traditionell ein leuchtender Kristallball an einem Fahnenmast herunter und läutete unter dem Jubel Tausender das neue Jahr ein - der sogenannte "Ball Drop". Es regnete Konfetti, und durch die Straßen schallte das Lied "New York, New York". Das Event auf dem weltberühmten Platz in Manhattan wurde dieses Jahr indes auf etwa ein Viertel seiner normalen Kapazität begrenzt, nachdem beim Jahreswechsel 2020/21 nur wenige geladene Gäste hatten teilnehmen dürfen.
jj/wa/qu (dpa, afp)