Zentralafrikanische Republik bleibt unregierbar
31. Januar 2015Auch Tage nach seiner Entführung am Sonntag (25.01.2014) fehlt jede Spur von Zentralafrikas Minister für Jugend und Sport, Armel Ningatoloum Sayo. Doch Augenzeugen der Tat in der Hauptstadt Bangui hegen keinen Zweifel: Die schwer bewaffneten Entführer gehörten der christlichen Anti-Balaka-Miliz an. "Die ganze Bevölkerung ist Geisel dieser Gruppe", sagt Kommunikationsminister Victor Waké der DW am Telefon. Mitten in der Hauptstadt würden Menschen auf offener Straße erschossen, empört sich der Minister. Die Täter seien auch hier Anti-Balaka-Kämpfer. Einige tausend dieser Rebellen gebe es noch in Bangui, schätzt Thierry Vircoulon von der Denkfabrik International Crisis Group. Ganze Stadtviertel hätten sie unter ihrer Kontrolle.
Nur wenige Tage vor der Entführung war eine französische Mitarbeiterin einer Hilfsorganisation freigekommen. Mehrere Tage hatten Anti-Balaka-Rebellen sie gefangen gehalten. Auch eine UN-Mitarbeiterin hatten die Rebellen kurzzeitig in ihrer Gewalt. Für Vircoulon sind diese Entführungen kalkulierte Taten: Vermutlich wollten die Rebellen die Freilassung eines ihrer Anführer, genannt Andjilo, erzwingen, den Soldaten der UN-Mission in Zentralafrika (MINUSCA) Mitte Januar festgenommen und nach Bangui überführt hatten.
Flüchtlinge in Not
Seit mehr als zwei Jahren steckt die Zentralafrikanische Republik in der Krise. Ende 2012 hatte das Rebellenbündnis Séléka seinen Vormarsch auf die Hauptstadt begonnen und drei Monate später den damaligen Präsidenten François Bozizé gestürzt. In Reaktion auf die Gewalt der Séléka bildete sich die Anti-Balaka-Miliz. Zwar einigten sich die Konfliktparteien 2014 auf eine Übergangsregierung. Doch auch unter Übergangspräsidentin Catherine Samba-Panza gehen die Kämpfe weiter. Mehr als 450.000 Menschen sind auf der Flucht - viele von ihnen im Norden der Zentralafrikanischen Republik. Dort kämpfen verschiedene Splittergruppen der Séléka gegen die MINUSCA-Truppen und die französische Militärmission Sangaris.
Die Lage der Flüchtlinge sei schwierig, berichtete jüngst die UN-Beauftragte für humanitäre Angelegenheiten in der Zentralafrikanischen Republik, Claire Bourgeois, nach einem Besuch in der Stadt Batangafo. Das Flüchtlingslager in Batangafo sei mit 30.000 Menschen das größte in der Zentralafrikanischen Republik. "Was uns Sorgen macht, ist, dass sich weiterhin Menschen dorthin flüchten", sagte Bourgeois der Deutschen Welle. Das größte Problem im Lager sei die Versorgung mit Trinkwasser: Es gebe dort nur zwei Brunnen. Zwar habe auch Batangafo funktionsfähige Brunnen. "Doch die Menschen haben Angst, das Lager zu verlassen, um dort Wasser zu holen."
Trotz Gesprächen: Kein Ende in Sicht
Ein Ziel der Séléka-Rebellen ist es offenbar, die Durchführung von Bürgerbefragungen zu sabotieren. Am Sonntag hatten Rebellen eine Regierungsdelegation in Kaga-Bandoro entführt, die diese Befragungen organisieren sollte - und wenige Stunden später wieder freigelassen. "Unser Problem sind nicht diese Menschen, sondern die Regierung und Samba-Panza", sagte ein Vertreter der Rebellen später. In den Befragungen soll die Bevölkerung Gelegenheit heben, ihre Sorgen zu formulieren. Sie sind Teil des Fahrplanes, der Anfang 2014 in Brazzaville, der Hauptstadt der benachbarten Republik Kongo, ausgehandelt worden war. Sie sollen die Grundlage für ein nationales Versöhnungsforum bilden, das einen Rahmen für politischen Dialog schaffen soll. Zwar gibt es noch keinen Termin für dieses Forum, doch sollte es vor August dieses Jahres stattfinden. Dies ist der zeitliche Rahmen, den die Vereinten Nationen gesetzt haben, um Wahlen abzuhalten.
In der kenianischen Hauptstadt Nairobi hat es unterdessen einen neuen Anlauf gegeben, die Konfliktparteien zu versöhnen. In Gesprächen, an denen laut DW-Informationen sowohl der gestürzte Präsident Bozizé als auch der ehemalige Séléka-Führer und Putschist Michel Djotodia teilnahmen, einigten sich die verfeindeten Rebellengruppen auf eine Waffenruhe sowie auf Maßnahmen, um die Kämpfer zu entwaffnen und wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Das Abkommen soll jedoch erst gelten, wenn es offiziell unterzeichnet wird. Wann es dazu kommt, ist bislang offen.
In informierten Kreisen bleibt die Skepsis, ob das Nairobi-Abkommen wirklich zu einer Lösung beitragen kann. Die Übergangsregierung fürchte, dass es die bisherigen Übergangsvereinbarungen zunichte machen könnte, heißt es. Das Potenzial dazu ist offenbar vorhanden: In dem Abkommen gehe es unter anderem darum, die Institutionen der Übergangszeit komplett neu aufzustellen und neue Posten zu besetzen, sagte ein Insider, der Einblick in das Dokument hatte, der Deutschen Welle. Außerdem gehe es darum, eine generelle Straffreiheit für alle Kämpfer durchzusetzen. Die Straffreiheit aber sei gerade der Grund, warum das Land von einem Konflikt in den nächsten rutsche. "Das wird die Internationale Gemeinschaft niemals akzeptieren."