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Dienstwagen? Es gibt Besseres!

22. Januar 2020

Wer qualifiziert ist und einen Job sucht, der hat inzwischen die Qual der Wahl. Im Werben um die besten Köpfe überbieten sich die Unternehmen mit Angeboten und Annehmlichkeiten. Aus Berlin berichtet Sabine Kinkartz.

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Symbolbild Feel-Good-Manager
Bild: Colourbox/Aleksandr

Man kennt sie aus der bunten Welt der Startups: Die Kickertische und Obstkörbe, Massageangebote, aber auch die mit Bier und Wein bestückten Kühlschränke am Arbeitsplatz. Ein Angebot, das Lockmittel und Kompensation zugleich sein sollte: Anreiz für zumeist digitale Pioniere, die etwas Besonderes suchten, dafür aber bereit waren, viel zu leisten und vergleichsweise wenig zu verdienen.

Doch inzwischen müssen sich auch etablierte Unternehmen immer mehr einfallen lassen, um qualifiziertes Personal zu gewinnen. Quer durch alle Branchen gibt es einen Mangel an Fachkräften - und nicht nur die besten Köpfe sind heiß umworben. "Aus dem Arbeitgebermarkt ist ein Arbeitnehmermarkt geworden", bringt es der Präsident des IT-Verbands Bitkom, Achim Berg, auf den Punkt.

Feel-Good-Manager

Stellenanzeigen, die lediglich ein Anforderungsprofil enthalten - das war gestern. "Neben dem obligatorischen Kicker, Fahrsimulatoren und der Tischtennisplatte kümmern sich unsere zwei Feel-Good-Manager um das Wohl unserer Kollegen", heißt es in einer aktuellen Stellenausschreibung eines Autovermieters für einen Informatiker. "Sie unterstützen Dich unter anderem bei Deinem Umzug, bei der Wohnungssuche, bei Visafragen und bei der Organisation von Teamevents, Meetups und Townhalls."

Infografik Fachkräftemangel Bundesländer DE
Im Süden am stärksten: Fachkräftemangel in Deutschland

Von einer "Bewerbung" beim Kandidaten spricht Friderike Schröder, Personalchefin beim Finanzdienstleister Ratepay in Berlin. Das Unternehmen wickelt für Onlinehändler die Zahlungen der Kunden ab. Von einem Startup hat sich das Fintech-Unternehmen zu einer Firma mit rund 250 Mitarbeitern entwickelt. Mehr als 60 freie Stellen gibt es aktuell. Gesucht werden vor allem IT-Spezialisten, gerade auch im Bereich "Machine-Learning" und künstliche Intelligenz.

Je jünger, umso anspruchsvoller

In den Berliner Büroräumen arbeiten Menschen aus 28 Nationen, ihr Durchschnittsalter ist Anfang 30. Neben Schreibtischen in größeren und kleineren Räumen gibt es einen zentralen Aufenthaltsraum mit bequemen Sesseln und Tischen, auf denen große Weidekörbe mit Äpfeln, Bananen und Mandarinen stehen. Getränke gibt es an der Bar, wo auch drei Kaffee- und Espressomaschinen benutzt werden können. Und natürlich steht auch ein Tischkicker zur Verfügung.

Aufenthaltsraum mit Bar beim Zahlungsdienstleister Ratepay in Berlin
Mit Espresso und Banane beim Plausch zwischendurchBild: DW/S. Kinkartz

Wer heute von der Universität auf den Arbeitsmarkt komme, für den sei eine moderne Arbeitskultur mit Annehmlichkeiten und Vergünstigungen selbstverständlich, weiß Friderike Schröder. "Die gerade auf den Markt kommen, fordern noch mehr Flexibilität, deutlich weniger Arbeitszeit und mehr Freizeit." Eine der ersten Fragen laute meistens: "Wie sieht das Gehalts-Package aus und welche Benefits stellt ihr zur Verfügung?"

Nicht alle über einen Kamm scheren

Eine Frage, auf die man bei Ratepay am liebsten eine individuelle Antwort gibt. "Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen und jeder soll für sich persönlich wählen, was in seine Lebensphase passt. Sei es das Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel, der Zuschuss für die Kinderbetreuung oder eine Mitgliedschaft in einem Sportclub", meint Schröder. Für alle das gleiche anzubieten würde nur darauf hinauslaufen, dass "der Effekt nach drei Monaten verpufft, weil es als Standard gesetzt wird".

Der Standard ist inzwischen ohnehin hoch, wie der IT-Verband Bitkom in einer für die Gesamtwirtschaft repräsentativen Umfrage unter 856 Geschäftsführern und Personalverantwortlichen festgestellt hat. Ohne das Angebot flexibler Arbeitszeiten, von Weiterbildungsmöglichkeiten und der neuesten mobilen Technik, die auch privat genutzt werden kann, geht kaum noch etwas.

Infografik Bindung von Mitarbeitern DE

Der Dienstwagen, früher ein wichtiges Statussymbol, scheint hingegen ausgedient zu haben. Nur noch zwölf Prozent der befragten Unternehmen schätzen ihn als wichtiges Argument für die Unterschrift unter einen Arbeitsvertrag ein. Auch überdurchschnittliche Gehälter spielen nur für neun Prozent eine Rolle. Lediglich zwei Prozent sind bereit, eine Art Handgeld zu zahlen, also einen einmaligen Bonus bei Stellenantritt, etwa mit Unternehmensanteilen oder entsprechenden Optionen.

Mitarbeiter bei der Stange halten

Personalchefin Friderike Schröder hat die Erfahrung gemacht, dass materielle Vergünstigungen nur ein Teil der Gesamtstrategie sein können, um Mitarbeiter auch langfristig zu binden. "Man hat nicht mehr seinen Job, um Geld zu verdienen, sondern man geht einer Tätigkeit nach, die einem Freude bereitet und wo man bewusst etwas bewegen und verändern kann."

Plakate in einem Flur beim Zahlungsdienstleister Ratepay in Berlin
Siegeswille und Herzlichkeit Bild: DW/S. Kinkartz

Bei Ratepay werden Unternehmensziele nicht von oben vorgegeben, sondern in den Teams erarbeitet und laufend überprüft. Was normalerweise Sache der Geschäftsleitung ist, beispielsweise Quartals- und Jahresziele oder Finanzkennzahlen, geht hier alle 250 Mitarbeiter etwas an. Auf der Liste der "Benefits" steht die persönliche Entwicklung ganz oben. "Wir setzen vor allem auf Weiterbildung und schicken unsere Leute auf Trainings und Konferenzen und bieten auch vor Ort Maßnahmen an", erzählt Schröder.

Menschen bleiben wegen Menschen

Die Personalchefin hat die Erfahrung gemacht, dass es vor allem menschlich stimmen muss. Bei Neueinstellungen geht es daher nicht nur um die fachliche Qualifikation. "Wir haben ein Wertesetting und dem muss ein Kandidat entsprechen." Was das heißt, ist auf fünf Plakaten bildlich dargestellt, die in einem der Flure hängen. Begriffe wie "Einsatzbereitschaft" und "Siegeswille" sind dort zu lesen, aber in der Mitte steht: "Herzlichkeit". Darunter: "Wir kümmern uns umeinander".

Im Arbeitsalltag heißt das auch, dass jeweils ein Mitarbeiter aus der Personalabteilung bewusst einem Fachbereich zugeordnet ist. Seine Aufgabe: Zu überprüfen, ob die Mitarbeiter zufrieden mit ihrer Arbeit und ihrem Umfeld sind, was geändert und verbessert werden kann. "Menschen bleiben insbesondere wegen anderer Menschen in den Unternehmen", ist Schröder überzeugt.