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Dieselgate zwingt VW-Städte auf Sparkurs

29. August 2016

Höhere Kosten bei der Kinderbetreuung, teurere Gräber, Beförderungssperren, Einschnitte in der Kulturförderung: Der Abgasskandal bei Volkswagen kommt zehntausende Bewohner der VW-Städte teuer zu stehen.

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Fußgänger in Braunschweig gehen bei Rot über die Straße Foto: Julian Stratenschulte dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Wegen herben Verlusten bei Europas größtem Autobauer bricht einigen Kommunen ein Großteil ihrer Einnahmen weg. Eine bundesweite Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab, dass die VW-Städte teils heftig an ihren Gebührenschrauben drehen, um einbrechende Gewerbesteuern aufzufangen. Die Gewerbesteuer ist die tragende Säule der Gemeindefinanzen.

Die Stadt Wolfsburg, in der das Herz des VW-Konzerns schlägt, verzeichnete 2015 rund 80 Prozent Einbruch bei den Netto-Gewerbesteuereinzahlungen - das ist der Teil, der nach einer Umlage bei den Gemeinden verbleibt. Statt 253 Millionen Euro wie 2014 blieben nun keine 52 Millionen Euro mehr übrig. Da das Steuergeheimnis gilt, ist ungewiss, wie viel der Einbruch nun genau mit VW zu tun hat.

In Emden gehen die Lichter aus

Viele Städte sehen sich nun gezwungen, zu sparen oder die Bürger verstärkt zur Kasse zu bitten: Die Gemeinde Weissach in Baden-Württemberg, wo die VW-Tochter Porsche ein Forschungszentrum betreibt, spricht von einem "Komplettausfall der Gewerbesteuern von Volkswagen". Vergangenes Jahr nahm die Gemeinde statt 70 Millionen Euro nur noch 38,8 Millionen Euro ein. Nun wird der staatliche Zuschuss zu Volkshochschulkursen oder Musikunterricht für Kinder gestrichen; die Preise für Bestattungen erhöht: Statt 145 Euro kostet eine Urnenbestattung in der Erde nun 420 Euro.

In Braunschweig, wo ein VW-Komponentenwerk steht, steigen die Friedhofsgebühren um 20 Prozent - genauso wie die Preise für öffentliche Parkplätze und städtische Tiefgaragen. Osnabrück, wo VW derzeit den alten Tiguan baut, verhängte 2015 eine Haushaltssperre und eine Einstellungs- und Beförderungssperre. Im sächsischen Zwickau muss die geplante Sanierung einer Schule verschoben werden. In Emden, der ostfriesischen Hafenstadt mit dem VW-Passat-Werk, werden die Eltern nunmehr mit 25 Prozent an den Kita-Gebühren beteiligt - vorher waren es 15 Prozent. Zudem werden dort die Reinigungsstandards an Schulen heruntergefahren und die Straßenbeleuchtung in Gewerbegebieten abgestellt.

Größte Krise in der Konzern-Geschichte

Im September 2015 war aufgeflogen, dass weltweit rund elf Millionen Diesel aus dem VW-Konzern eine manipulierte Motorsoftware haben. Die Motorsteuerung gaukelt bei Behördentests gute Abgaswerte vor - doch außerhalb des Prüfstandes stoßen die Wagen ein Vielfaches aus. Als Folge des Skandals stürzte VW in die größte Krise seiner rund 80-jährigen Geschichte. 2015 gab es mit minus 1,6 Milliarden Euro den bisher höchsten Verlust. 2014 hatte noch ein Gewinn von knapp 11 Milliarden Euro in den Büchern gestanden.

VW selbst macht zu seinen Gewerbesteuerzahlungen VW keine Angaben. Es sei aber Fakt, dass sie rückläufig sind, heißt es aus dem Konzern. Grobe Anhaltspunkte gibt die Bilanz: 2014 flossen gut zwei Milliarden Euro "tatsächlicher Steueraufwand Inland". Für 2015, als die Krise im Spätsommer losbrach, sind es nur noch rund 800 Millionen Euro.

Jammern auf hohem Niveau

Zur Wahrheit gehört aber auch: Jahre zuvor ging es vielen Standorten des Autokonzerns blendend. In Braunschweig etwa war die Kinderbetreuung kostenlos. Und auch in Emden, wo die Kita-Gebühren nun anziehen, "haben wir zuvor zig Jahre nicht erhöht", gibt der Pressesprecher der Stadt, Eduard Dinkela, zu bedenken.

Die Lage in den VW-Städten kann den gesamtdeutschen Aufwärtstrend nicht trüben, die gute Konjunktur füllt die kommunalen Kassen: Deutschlands Städte und Gemeinden haben im vergangenen Jahr dank der guten Konjunktur soviel Gewerbe- und Grundsteuer eingenommen wie nie zuvor. Das Aufkommen der Gewerbesteuer stieg im Vergleich zum Vorjahr mit 45,5 Milliarden Euro um 4,5 Prozent.

hmf/iw (dpa)