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Selbstbestimmt sterben

Dieter Birnbacher10. Februar 2014

Jeder Mensch sollte sebstbestimmt sterben können und dafür ärztliche Hilfe erhalten - meint der Bioehtiker Professor Dieter Birnbacher.

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Dieter Birnbacher
Bild: Dieter Birnbacher

Die deutsche Verfassung verbürgt in Artikel 2 das Recht auf freie Lebensgestaltung. Dies umfasst auch das Recht, über das eigene Lebensende zu entscheiden, soweit dadurch keine weiteren Personen geschädigt werden. Um dieses Recht zu verwirklichen, sollte ein unheilbar Kranker das Recht haben, zur Verwirklichung seines Sterbewunsches ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die aktive Sterbehilfe, wie sie in den Benelux-Ländern Praxis ist und bei der die Tatherrschaft über das Überschreiten der Schwelle zum Tod in der Hand eines Arztes liegt, ist dafür allerdings kein angemessener Weg. Sie schließt Fremdbestimmung nicht aus. Ein selbstbestimmter Tod sollte ein Tod von eigener Hand sein, allerdings mit Unterstützung und unter der Kontrolle eines Arztes, so wie er gegenwärtig in drei Bundesstaaten der USA möglich ist.

Das Engagement für die Option eines selbstbestimmten Tods entspringt bei den meisten Menschen der persönlichen Erfahrung mit dem Sterben Nahestehender. Das war auch in meinem Fall so. Eine nahe Verwandte mit Krebs im Spätstadium wünschte sich sehnlichst eine Verkürzung ihres quälenden und quälend langen Wegs in den Tod. Der behandelnde Arzt zeigte Verständnis, aber keine Bereitschaft, an einer Abkürzung dieses Wegs mitzuwirken. Ihm seien durch das Berufsrecht die Hände gebunden. Diese Aufgabe, die ich als einen letzten Liebesdienst sah, blieb den Verwandten vorbehalten – unter großen Mühen und Unsicherheiten.

Die Lehre, die ich daraus gezogen habe, lautet: Sterbehilfe im Sinne der Beihilfe zu einer Selbsttötung unter Bedingungen der freiverantwortlichen Entscheidung eines unheilbar Kranken sollte kein Tabu mehr sein, sie sollte nicht nur legal sein (was sie in Deutschland ist), sondern sie sollte auch vom ärztlichen Standesrecht zugelassen werden und nicht, wie seit dem Verbotsbeschluss des Deutschen Ärztetags von 2010, für Ärzte mit Sanktionen bedroht sein. Nur Ärzte verfügen über die erforderliche Sachkenntnis und die Unabhängigkeit, die Erfüllung der bei einer unumkehrbaren Entscheidung für den Tod zu beachtenden Sorgfaltskriterien zu prüfen.

Der Philisoph Dieter Birnbacher ist Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben und gehört u.a. der Zentralen Ethikkommission der Bundesärztekammer an.