Differenzen über die Zukunft des Iraks
23. November 2004In Ägypten hat am Montag (22.11.) die internationale Konferenz zur Zukunft des Irak begonnen. Zum Auftakt der zweitägigen Konferenz kamen am Nachmittag im ägyptischen Scharm al-Scheich die Außenminister des Iraks und seiner sechs Nachbarstaaten zu Beratungen zusammen. US-Außenminister Colin Powell traf am Nachmittag in dem Badeort ein, um dort bis zum Dienstag mit den Vertretern der Nachbarstaaten, der EU, der UNO und der G-8-Staaten über die Zukunft des Iraks zu beraten. Auch UN-Generalsekretär Kofi Annan, der EU-Außenbeauftragte Javier Solana und der Generalsekretär der Arabischen Liga Amr Mussa nehmen an dem Treffen teil. Vertreter der aufständischen Gruppen wurden nicht eingeladen.
Uneinigkeit über Wahltermin
Die Irak-Konferenz auf Außenministerebene wird wohl die letzte sein vor einem Ereignis, das die Welt mit großer Spannung erwartet: die Abhaltung freier Wahlen im Irak nach Saddam Hussein. Einen Tag vor Beginn der Konferenz hat die Bagdader Regierung den 30. Januar 2005 als Termin für die ersten freien Wahlen festgelegt. Das gab der Sprecher der unabhängigen Wahlkommission, Farid Ajar, bekannt.
Um den Wahltermin wurden aber gleich zu Beginn der zweitägigen Konferenz tiefe Differenzen zwischen den Teilnehmern deutlich. Die Amerikaner und der Außenminister der irakischen Übergangsregierung, Hoschiar Sebari, zeigten sich optimistisch. Sebari erklärte, am 30. Januar als Wahltermin sei nicht zu rütteln. Andere Delegationen warnten dagegen, wer kritische Stimmen im Irak nicht anhören wolle, bereite damit den Boden für neue Gewalt.
In einem offenen Brief an die Delegierten hatten irakische Oppositionelle die Verschiebung der Wahlen auf eine Zeit gefordert, in der "die Bedingungen dafür gegeben" seien. Die Oppositionellen nannten den Kampf gegen die Besatzungsmacht legitim und forderten die Bekanntgabe eines Zeitplans für einen US-Truppenabzug unter UN-Aufsicht.
Aufruf zum Wahl-Boykott
Wie aus einem Entwurf der Schlusserklärung hervorgeht, werde die Konferenz den Kampf der Übergangsregierung gegen die Aufständischen unterstützen. Außerdem soll die Führung in Bagdad aufgefordert werden, sich mit der Opposition an einen Tisch zu setzen, um diese von der Notwendigkeit einer Teilnahme an der Abstimmung zu überzeugen. Die einflussreiche sunnitische Vereinigung Muslimischer Geistlicher rief bereits zu einem Boykott der Wahlen auf. In einer am Sonntag verbreiteten Erklärung verurteilte die Vereinigung auch die Konferenz in Scharm al-Scheich als "einen Versuch, die Besetzung des Iraks zu legitimieren".
Keine Frist für Truppenabzug
Die Konferenz soll am Dienstag mit einer 14 Punkte umfassenden Schlusserklärung beendet werden. Im Entwurf zur Erklärung wird die Bedeutung der UNO bei der Vorbereitung der Wahlen im Irak hervorgehoben; "Terrorismus", Verschleppung und Ermordung von Zivilisten werden verurteilt, und es wird die Zusammenarbeit oder zumindest Nicht-Einmischung der Nachbarländer gefordert. Eine Aufforderung zur Entsendung von Truppen wird es vermutlich nicht geben, da etliche Länder wie Frankreich und Deutschland schon vorher deutlich gemacht haben, dass sie dazu nicht bereit sind. Die Konferenz wird den von den USA geführten Truppen im Irak wohl keine Frist für den Abzug setzen.
Hoffnung für Nahost
Zum ersten Mal seit dem Tod von Palästinenserpräsident Jassir Arafat trifft sich außerdem das so genannte Nahost-Quartett. Die Vertreter der USA, Russlands, der EU und der UN wollen am Dienstagmorgen am Rande der Konferenz zusammenkommen. Ziel sei es, dem Nahost-Friedensprozess einen neuen Schub zu geben. US-Außenminister Colin Powell war auf dem Weg nach Ägypten in Jerusalem bereits mit seinem israelischen Amtskollegen Silwan Schalom zusammengetroffen. "Dies ist die Zeit, um die Palästinenser zu unterstützen", sagte Powell bei seiner ersten Nahost-Reise seit 18 Monaten. Die israelische Regierung werde alles tun, damit die Abstimmung über Arafats Nachfolger reibungslos ablaufe, versprach Schalom nach dem Treffen mit Powell. (kap/ch)