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Fit für die digitale Zukunft?

Helle Jeppesen30. Mai 2016

Computer und Roboter übernehmen zunehmend die Arbeit von Menschen. Welche Jobs sind bedroht? Und was können Gesellschaften tun, wenn Millionen Arbeitsplätze wegfallen?

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Hannover Messe - Kollaborierende Roboter am SAP-Stand
Bild: DW/H. Böhme

Welche Folgen hat die Digitalisierung für die Arbeitswelt? Diese Frage beschäftigte die Bundesregierung bei ihrer Klausurtagung in Meseberg, sie ist Hauptthema des #link:http://www.oecd.org/forum/:OECD-Forums# in Paris (31.5.-1.6.2016), und sie wird im Mittelpunkt der Jahreskonferenz der Internationalen Arbeitsorganisation ILO im Juni 2017 stehen.

Weltweit machen sich Regierungen Sorgen über die Folgen für den Arbeitsmarkt und damit die Gesellschaft und die Entwicklung. Roboter ersetzen heute bereits Lagerarbeiter; Geschäfte im Einzelhandel machen zu, während automatisierte Versandfirmen wie Amazon boomen. Bankangestellte werden durch Online-Banking ersetzt, und selbst Billiglohnarbeiter in Entwicklungsländern bekommen mittlerweile Konkurrenz durch Roboter, die weder Lohn noch Essen noch Schlaf brauchen.

Weniger Mittelklasse-Jobs

Die ING-DiBa-Bank hat über 30 Millionen sozialversicherungspflichtige Jobs und Minijobs in Deutschland analysiert. Der Studie nach sind "18,3 Millionen Arbeitsplätze beziehungsweise 59 Prozent in ihrer jetzigen Form von der fortschreitenden Technologisierung bedroht". Besonders gefährdet: Verwaltungsstellen in Sekretariat und Sachbearbeitung, Jobs bei Paketdiensten, im Lager, im Einzelhandel, bei Reinigungsfirmen und in der Gastronomie.

Bangladesch Textilfabrik
Bereits heute werden Näh-Roboter entwickelt. Sie könnten Hunderttausende von Jobs in der Textilindustrie obsolet machenBild: picture alliance/ZUMA Press

Was die Zahlen betrifft, sind andere Studien, etwa von der OECD, nicht ganz so pessimistisch. Doch über den generellen Trend sind sich alle Experten einig. Auch die Weltbank hat in ihrem Entwicklungsbericht 2016,#link:http://www.worldbank.org/en/publication/wdr2016: "Digital Dividends"#, auf die negativen Folgen der Digitalisierung hingewiesen.

Zwar hätten viele Menschen von der Digitalisierung profitiert, doch "es gibt weniger Mittelklasse-Jobs und gleichzeitig mehr Jobs für Ungelernte und Hochqualifizierte“, sagt Deepak Mishra, Chefökonom der Weltbank und Hauptautor des Berichts.

"Die entscheidende Frage ist heute, wie Menschen mit der Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung Schritt halten können, damit sie ein wertvoller Teil der Produktion bleiben, statt von Maschinen ersetzt zu werden", so Mishra. Enttäuschend sei, dass die Vorteile der Digitalisierung meist nicht unten ankommen.

Wachstum nach oben verteilt

Vor allem die oberen Gesellschaftsschichten und die gut ausgebildeten Arbeiter profitieren. "Die Automatisierung erzeugt hohe Produktivitätszuwächse“, sagt Irmgard Nübler, Ökonomin bei der Internationalen Arbeitsorganisation ILO in Genf. "Das Problem ist, dass vor allem die Besitzer von Maschinen und Kapital daran verdienen, und das führt zu einer sehr hohen Einkommenskonzentration und einer hohen Ungleichheit."

Dieselbe Entwicklung habe es bereits in früheren Phasen der Industrialisierung gegeben, etwa mit der Erfindung der Dampfmaschine oder der Elektrizität. Doch wegfallende Jobs wurden durch neue ersetzt, so die ILO-Expertin.

Infografik Industrie 4.0 Deutsch

So ist eine ganze Freizeitindustrie mit Dienstleistungen, Ausrüstung und Freizeitparks entstanden. Voraussetzung dafür war allerdings eine starke Mittelschicht, die mehr Geld verdiente und weniger arbeitete.

Digitale Globalisierung

Die ILO-Wissenschaftlerin sieht die Welt gerade in einer Phase des Umbruchs. Durch die Digitalisierung gehen zwar Hunderte von Millionen Arbeitsplätzen weltweit verloren. Doch es entstehen auch neue Märkte.

"In vielen Entwicklungsländern, gerade in Asien, gibt es sehr gut ausgebildete Menschen. Der Lohn dort ist aber nur ein Drittel dessen, was in Deutschland gezahlt wird“, so Nübler.

Dank des weltweiten Datentransfers lassen heute europäische und amerikanische Firmen viele Arbeiten viel billiger in Ländern wie Indien erledigen. Als Beispiele nennt sie Buchführung, Datenerfassung oder Programmierung.

Überlebt der Mittelstand?

Wie und ob es gelingen wird, bei zunehmender Digitalisierung des Arbeitsmarktes den Mittelstand global zu erhalten, das, so Nübler, sei die zentrale Frage. "Die Zukunft müssen wir gestalten", betont sie. "Wir haben die alternde Gesellschaft. Entwicklungsländer brauchen neue Technologien, um die Produktivität zu erhöhen. Aber mit technologischen Veränderungen muss eine institutionelle Veränderung kommen".

Die Weltbank sieht das in ihrem Bericht ähnlich und nennt vor allem die politischen Rahmenbedingungen als Werkzeug, um die globale Digitalisierung gerecht zu gestalten. "Es gibt ein Wettrennen zwischen Technologie und Regulierung und zwischen Technologie und Qualifikation", sagt Deepak Mishra von der Weltbank.

Symbolbild Amazon Lager
Kein Stadtmodell, sondern ein Lager der Versandriese Amazon. Menschen werden kaum noch benötigtBild: Reuters/N. Hall

Er sieht weltweit die Politik in der Verantwortung. Ausbildungssysteme müssten verändert und Regeln für die Sicherheit und den Austausch von Daten so gestaltet werden, dass die Gesellschaft für die Digitalisierung fit gemacht wird. "Wir sehen, dass manche Länder diese Regulierung besser schaffen als andere", so Mishra.

Nimmt man die Vielzahl der internationalen Konferenzen als Maßstab, ist das Thema in der Politik angekommen. Fest steht: Nur die Länder, die sich rechtzeitig kümmern, werden zu den Gewinnern der Digitalisierung gehören.