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Diplomat mit kriegerischer Vergangenheit

Michael Brückner16. Mai 2003

War er der erste Verlierer des Irak-Krieges oder wird er der Sieger im schwierigen Frieden nach dem Alleingang der USA? US-Außenminister Colin Powel reist wieder um die Welt. Ein Porträt des Politikers.

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Colin Powell: Angeschlagen oder stark im Kommen?Bild: AP

Seine Herkunft und seine Karriere entsprechen geradezu idealtypisch dem amerikanischen Selbstverständnis als Land der unbegrenzten Chancen: Colin Luther Powell, der erste schwarze Außenminister der Vereinigten Staaten von Amerika wuchs in der berüchtigten New Yorker Bronx auf. Am 5. April 1937 wurde er dort geboren. Sein Vater war mit einem Bananenboot aus Jamaika in die USA eingewandert und arbeitete als Lagerarbeiter. Seine ebenfalls jamaikanische Mutter war Näherin.

Steile Karriere

1958 trat er in die Armee ein, 1963 wurde er in Vietnam verwundet. 1972 wurde er erstmals nach Washington berufen, seitdem arbeitete er abwechselnd im Verteidigungsministerium und als Kommandeur bei der Truppe vor Ort. George Bush senior ernannte Powell 1989 zum ranghöchsten Offizier der amerikanische Streitkräfte. Als solcher war er maßgeblich an der so genannten Operation "Desert Storm" - "Wüstensturm" - beteiligt, mit der 1991 das von irakischen Truppen besetzte Kuwait befreit wurde.

Ende September 1993 ging Powell in den Ruhestand und schrieb für einen Vorschuss von sechs Millionen US-Dollar seine Memoiren, die unter dem Titel "My American Journey" - "Meine Amerikanische Reise" - zum Bestseller wurden. Bei den Präsidentschaftswahlen 1996 hätte er als unabhängiger Kandidat vermutlich gute Chancen gehabt, der erste farbige Präsident der USA zu werden. Aber Powell trat nicht an, sondern der Republikanischen Partei bei. Nach dem Amtsantritt von George Bush junior wurde er dafür der erste schwarze Außenminister der Staaten.

Taube unter Falken?

Innerhalb der Bush-Administration galt er von Anfang an als gemäßigter Konservativer, als engagierter Befürworter internationaler Zusammenarbeit und als Gegner unilateralistischer Alleingänge. Doch schon als es Anfang 2001 um die amerikanische Militärpräsenz in Bosnien ging, mußte er eine eigenmächtige "militärische Außenpolitik" des Pentagon unter Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hinnehmen, der einen Teilrückzug der amerikanischen Soldaten aus Bosnien durchsetzte.

Nach den Anschlägen des 11. September 2001 wurde es zur Hauptaufgabe Powells ein internationales Bündnis gegen den Terror zu organisieren und einen Krieg gegen das Taliban-Regime in Afghanistan diplomatisch vorzubereiten.

Bei der Frage der Behandlung der in Guatanamo Bay auf Kuba gefangengehaltenen Taliban-Kämpfer stand Powell mit seiner Meinung gegen Verteidigungsminister Rumsfeld und Präsident Bush. Nach Powells Überzeugung sollten die USA dort die Regeln der Genfer Konvention über die Rechte von Kriegsgefangenen anwenden. Das geschieht dort trotz wiederholter internationaler Kritik bis heute nicht.

Auf gleichem Kurs oder auf Konfrontation?

Am 6. Februar 2002 erklärte Powell, dass die USA auch zu einem Alleingang gegen den Irak bereit seien. Doch noch im Sommer 2002 soll er – so beschreibt es zumindest der amerikanische Starjournalist Bob Woodward in seinem Buch "Bush at War", "Bush im Krieg" – den Präsidenten eindringlich vor einem militärischen Eingreifen im Irak und den seiner Meinung nach völlig unabsehbaren Folgen gewarnt haben.

Während die Hardliner im Kabinett Bush um Verteidigungsminister Rumsfeld und Vizepräsident Dick Cheney immer offener einen militärischen Alleingang der USA zusammen mit Großbritannien forderten, gab Powell dem Prozedere der Vereinten Nationen (UN) eindeutig den Vorzug. Cheney bezeichnete dagegen eine Rückkehr der UN-Waffeninspektoren in den Irak schon im Sommer 2002 als "sinnlos".

Seit dem Spätsommer 2002 wurde es eine der Hauptaufgaben Colin Powells, den sich abzeichnenden scharfen Dissens in der Irak-Frage zwischen Europa und den Vereinigten Staaten einzugrenzen. In der Endphase des Bundestagswahlkampfes sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder, Deutschland würde sich auf gar keinen Fall an einem Präventivkrieg gegen den Irak beteiligen. Dies führte zu einer Entfremdung zwischen dem deutschen Regierungschef und dem amerikanischen Präsidenten. Der Skandal um einen angeblichen Bush-Hitler-Vergleich der damaligen Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin tat sein übriges. Seitdem waren die Kontakte zwischen Powell und seinem deutschen Kollegen Joschka Fischer für Monate die ranghöchsten Kontakte zwischen den beiden Bündnispartnern der NATO-Militärallianz.

Persönliche Niederlage?

Während das Pentagon Anfang 2003 am Golf die Truppen aufmarschieren ließ, kämpfte Außenminister Powell im UN-Sicherheitsrat für eine breite internationale Unterstützung eines Irak-Feldzuges. Doch selbst sein eineinhalbstündiger Vortrag vor dem Weltsicherheitsrat am 5. Februar 2003 konnte keine Mehrheit für einen Krieg zustande bringen.

Für manche amerikanische Kommentatoren gilt er seitdem als gescheitert, die Zeitung "Washington Post" forderte ihn gar zum Rücktritt auf. Andere sehen dagegen nur eine zeitweilige Niederlage in einem Machtkampf innerhalb der Bush-Administration. Seitdem die Waffen schweigen, ist Powell wieder deutlicher zu vernehmen: Wie groß sein Einfluß auf Präsident Bush zukünftig sein wird, kann aber niemand voraussagen.