Der narzisstische Geschäftsmann
9. November 2016"Er ist ein Geschäftsmann und er verkauft sich selbst. Trump glaubt an sich", sagt Gwenda Blair, die zwei Biografien über Trump und seine Familie geschrieben hat. "Es passiert nicht oft, aber, wenn ihm irgendjemand sagt, was er getan habe sei nicht erfolgreich, dann reagiert er wie von der Tarantel gestochen und schlägt um sich. Das ist eine narzisstische Wunde für ihn."
Timothy L. O'Brien, Autor der Buches "TrumpNation" weiß, wovon Blair spricht. Trump verklagte ihn - erfolglos - auf fünf Millionen Dollar, weil er gewagt hatte, zu sagen, der Immobilien-Tycoon sei weniger reich als öffentlich behauptet.
"Im Grunde ist er ein Siebenjähriger, der in die Jahre gekommen ist. Er kann durchaus einnehmend sein, wenn man ihn alleine trifft. Aber er ist auch eine undisziplinierte Person - sowohl intellektuell als auch emotional, finanziell und auch in der öffentlichen Darstellung", sagt O'Brien gegenüber der DW. "Er ist ein enormer Narzisst. Der Mensch, für den er sich in jedem wachen Moment seines Daseins am meisten interessiert ist eindeutig er selbst."
Es gebe keinen privaten Trump, außer dem, den wir alle aus dem Fernsehen kennen, sind sich die beiden Biografen einig: "So wie er dort spricht, so ist er auch", sagt Blair. Keine Frage, Trump ist der ungewöhnlichste Kandidat, den es jemals für eine US-Präsidentschaftswahl gab.
Jemand muss die Schuld haben
Sicher ist es einfach, Trump für seine spezielle Art zu kritisieren, aber man sollte seine Fähigkeit, die Wut zu kanalisieren, die viele Amerikaner fühlen, nicht unterschätzen. "Donald Trumps Kandidatur reflektiert den sehr langen Arm der Finanzkrise von 2008", meint O'Brien. "Diese Krise hat viele Arbeiter in einem post-industriellen Amerika in große Unsicherheit gestürzt. Ihre Möglichkeiten, ihre Hypotheken zu bedienen, in ihre Pension einzuzahlen, ihre Kinder durch Schule und Studium zu bringen, sind bedroht."
"Es herrscht das verbreitete Gefühl, abgehängt worden zu sein von einer politischen Elite", fährt Blair fort. "Irgendjemand muss Schuld sein. Und dann kommt Trump daher und präsentiert eine lange Liste von Leuten, denen man die Schuld geben kann: Einwanderern, Mexikanern, Muslimen, Frauen und den lügenden Medien."
Trumps Fähigkeit, die Massen zu begeistern, hat außerdem mit seinem enormen Selbstbewusstsein zu tun, seine Droge sei dabei der Erfolg. "Er hat die tiefe Überzeugung, dass es vor allem darum geht, Geld zu verdienen und dass Gewinnen um jeden Preis das Wichtigste überhaupt ist", sagt Blair. Norman Vincent Peale und sein Buch "The Power of Positive Thinking" (Die Kraft Positiven Denkens) hätten Trump stark beeinflusst. Peale proklamiert, dass der Erfolg über allem stehe und dass das Teil von Gottes Plan sei. Doch anders als Gott hat Trump oft keinen Plan.
Ist er durchgeknallt?
Dreimal hatte Trump bereits angekündigt, zu kandidieren, zog aber immer zurück, wenn es ernst wurde. Nachdem seine Geschäftskarriere langsam zu Ende ging, stolperte der Republikaner Schritt für Schritt in die Politik, ohne irgendetwas langfristig geplant zu haben, erzählt O'Brien. Er mutierte von einem Immobilien-Tycoon zum TV-Star, der seinen Namen für alles hergab, von Unterwäsche und Steaks bis zu Wodka und Immobilien.
"Ich glaube, ihm wurde klar: Ich bekomme all diese Aufmerksamkeit, einfach nur für ein paar Wahlkampf-Auftritte", meint O'Brien. "Es ist großartiges kostenloses Marketing, und da hat er vollkommen recht. Irgendwo in den steinzeitlichen Regionen seines Gehirns muss er geradezu ausgeflippt sein darüber, wie weit er gekommen ist, denn er weiß, dass er für das Amt eigentlich nicht geeignet ist."
Trump-Biografen bezweifeln, dass er irgendwelche tieferen politischen Überzeugungen hat, denn er hat in der Vergangenheit auch schon linke und liberale Positionen vertreten. Seine derzeitige konservative Haltung könnte ganz einfach daraus entstanden sein, weil sich bei den Republikanern die Gelegenheit ergab. Daneben scheint er eine besondere Abneigung gegen Barack Obama zu haben, der sich über den Geschäftsmann schon häufiger öffentlich lustig gemacht hat.
Darauf reagierte Trump unter anderem mit rassistischen Bemerkungen und der Verschwörungstheorie, Obama sei nicht in den USA geboren worden.
Unterhaltsam aber gefährlich
Trumps politische Anpassungsfähigkeit könne einerseits ein Vorteil sein, meinen seine Biografen, sie signalisiere aber auch fehlende Standfestigkeit.
"Weil er nicht von Ideologie oder Moral eingeschränkt wird, kann er in manchen Situationen vielleicht Lösungen finden, die andere für unmöglich halten", sagt Blair gegenüber der DW. "Aber die ethische Haltung und Moral fehlen ihm eben auch."
"In seinen Ausbrüchen zeigt sich seine Unsicherheit", sagt O'Brien. "Wenn er sich als wohlhabende Person sicher fühlen würde, dann müsste er nicht dauernd damit prahlen, wie viel Geld er hat und das dann auch noch drastisch übertreiben. Wenn er sich seiner Wirkung auf Frauen gewiss wäre, dann würde er nicht ständig damit angeben müssen, mit wie vielen er geschlafen hat oder es zumindest versucht hat."
"Trump ist eine gefährliche Person", warnt O'Brien. "Er ist gefährlich, weil er absichtlich ignorant und ein absoluter Fanatiker ist. Und sobald er sich unsicher fühlt, schlägt er um sich. Jemand, der den roten Knopf drücken kann aber keine Ahnung von den Rahmenbedingungen der Weltpolitik hat, ist naturgemäß eine gefährliche Person."