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AI: "Menschenunwürdige Zustände in Traiskirchen"

14. August 2015

Duschkabinen ohne Vorhänge, stinkende und dreckige Toiletten, Schwangere müssen unter freiem Himmel schlafen - im österreichischen Flüchtlingslager Traiskirchen werde gegen Menschenrechte verstoßen, so Amnesty.

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Asylbewerber haben ihr Hab und gut zwischen Bäumen verteilt (Foto: picture alliance/AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo/R. Zak

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die dramatische Lage in einem überfüllten Asylbewerberlager nahe Wien scharf kritisiert. Rund 1500 Menschen schlafen derzeit in Traiskirchen, etwa 20 Kilometer von der Haupstadt entfernt, unter freiem Himmel, darunter Schwangere und Frauen mit kleinen Kindern, wie Amnesty nach einem Besuch des Lagers durch mehrere seiner Experten erklärte. Die Toiletten seien in einem fürchterlichen Zustand, die Duschen müssten von Männern und Frauen gemeinsam genutzt werden, es gebe lediglich Nischen ohne Vorhänge.

Vier Ärzte für 4000 Menschen

Auch die medizinische und psychologische Betreuung sei katastrophal, sagte der Generalsekretär von Amnesty Österreich, Heinz Patzelt. Es gebe nur vier Ärzte, die mit Kontrolluntersuchungen weitgehend ausgelastet seien. Viele der Menschen seien jedoch traumatisiert, wiesen Folterspuren auf und bräuchten intensivere Betreuung.

Nach Angaben des österreichischen Innenministeriums sind diese Woche 4000 Flüchtlinge in dem für 1800 Menschen eingerichteten Lager untergebracht. Besonders prekär sei die Situation der rund 1700 unbegleiteten Minderjährigen im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen, erklärte Amnesty-Sprecherin Daniela Pichler. Diese seien nicht hinreichend geschützt und völlig sich selbst überlassen.

Bundesländer verweigern Flüchtlingsaufnahme

"Hier werden mehrere Menschenrechtskonventionen, etwa die UN-Kinderrechtskonvention, verletzt", sagte Patzelt. Ein Amnesty-Team hatte das Aufnahmezentrum Anfang August einen Tag lang geprüft.

Das österreichische Innenministerium stimmte dem Bericht zu. Situation sei "prekär", hieß es in einer Stellungnahme aus Wien. Vor zwei Wochen hatte die Regierung in Wien entschieden, keine weiteren Flüchtlinge mehr in Traiskirchen aufzunehmen. Einige Bundesländer Österreichs wollen keine Asylsuchenden mehr aufnehmen. Wien könnte deswegen demnächst mit Aufnahmequoten reagieren.

Mini-Flüchtlingsquote mit der Slowakei

In dem 8,5 Millionen Einwohner-Land Österreich kommen derzeit täglich mehrere hundert Flüchtlinge vor allem aus den Transitländern Serbien und Ungarn an. In diesem Jahr rechnet die Regierung in Wien mit mehr als 80.000 Flüchtlingen - im vergangenen Jahr waren es 28.000. Die meisten Menschen sind über die Türkei aus Syrien, dem Irak und Afghanistan gekommen.

Zelt in der Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Traiskirchen, Österreich (Foto: picture alliance/AP)
Übernachten im Zelt: Flüchtlinge in TraiskirchenBild: picture-alliance/AP Photo/R. Zak

Um Abhilfe zu schaffen, geht die österreichische Regierung nun ungewöhnliche Wege: Ab August sollen 500 Flüchtlinge in die benachbarte Slowakei "übersiedeln" - während ihre Asylanträge weiterhin in Österreich bearbeitet werden. Damit nehmen die beiden Länder vorweg, was innerhalb der EU bislang noch nicht gelungen ist: Eine Entlastung jener Länder, in denen besonders viele Flüchtlinge ankommen. Der für Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos erklärte, die Welt erlebe derzeit "die schlimmste Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg".

cw/qu (dpa, afp)