Drei Freisprüche und eine Haftstrafe
7. Juli 2016Eine Frau ins Gefängnis, die erst vor wenigen Wochen ein Baby zur Welt gebracht hat? Ausgerechnet im von Papst Franziskus ausgerufenen "Jahr der Barmherzigkeit"? So recht vorstellen mochte sich das niemand in Rom. Und so kam es am Ende dann auch nicht: Das Strafmaß der Richter für Francesca Chaouqui lautete zehn Monate - auf Bewährung.
Sie komme ins Gericht "allein gegen eine Welt, die mich eines Verbrechens anklagt, das ich nicht begangen habe", schrieb die 34-jährige PR-Fachfrau bei Facebook noch kurz vor der Urteilsverkündung - und postete dazu das Bild ihres neugeborenen Sohns Pietro im Baby-Bettchen.
Freunde hatte sie sich trotz ihrer Lebenssituation nicht gemacht. Selbst ihr Verteidiger hatte sie in seinem Schlussplädoyer als "unfreundlich, arrogant und anmaßend" bezeichnet. Doch nur deshalb dürfe sie eben nicht verurteilt werden.
Lange Haftstrafen gefordert
Chaouqui war eine von insgesamt fünf Personen, gegen die der Vatikan Haftstrafen gefordert hatte: für Chaouqui drei Jahre und neun Monate, für den spanischen Priester Lucio Vallejo Balda drei Jahre und einen Monat, für seinen Mitarbeiter Nicola Maio ein Jahr und neun Monate, für den Enthüllungsjournalisten Gianluigi Nuzzi ein Jahr auf Bewährung. Bei dem fünften Angeklagten, dem Journalisten Emiliano Fittipaldi, plädierte die Anklage auf Freispruch - mangels Beweisen. Die Verteidigung forderte für alle einen Freispruch.
Freigesprochen wurden neben Maio nun auch Nuzzi und Fittipaldi. Das Gericht erklärte, es besitze gar nicht die Befugnis, in ihren Fällen zu urteilen. Hinter Gitter muss nur Balda: für 18 Monate.
Nuzzi und Fittipaldi hatten im November Bücher veröffentlicht, in denen sie dem Vatikan unter anderem maßlose Geldverschwendung vorwerfen. Sie stützen sich dabei auf Dokumente aus der Kurie, die ihnen von den anderen drei Angeklagten zugespielt worden sein sollen.
"Prozess gegen die Pressefreiheit"
Vor allem die Anklage gegen die Journalisten hatte dem Vatikan viel Kritik eingebracht: Journalistenverbände weltweit protestierten, italienische Parlamentarier unterzeichneten eine Solidaritätsadresse, eine OSZE-Vertreterin mahnte die Achtung der Meinungsfreiheit an.
"Dies ist nicht ein Prozess gegen uns, sondern gegen die Pressefreiheit", hatte Fittipaldi selbst getwittert.
Der Vatikan dagegen erklärte, den Männern werde nicht die Veröffentlichung vertraulicher Dokumente zur Last gelegt, sondern deren illegale Beschaffung.
Das Verfahren war bereits das zweite, das unter dem Namen Vatileaks Schlagzeilen machte. 2012 war Paolo Gabriele, der ehemalige Kammerdiener des damaligen Papstes, zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Gabriele hatte gestanden, vertrauliche Dokumente aus den Gemächern von Benedikt XVI. kopiert und weitergegeben zu haben.
Bereits zwei Monate nach dem Richterspruch wurde er begnadigt.
bor/gri (kna, dpa)