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EU-Kommission Wiederwahl

9. Februar 2010

Zweite Runde für José Barroso. Der Portugiese wird für weitere fünf Jahre die EU-Kommission führen. Das Europäische Parlament billigte seine neue Mannschaft. Bernd Riegert kommentiert.

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Bild: DW

José Barroso, der neue und alte Präsident der EU-Kommission, ist nicht zu beneiden. Er steht von vielen Seiten unter Druck. Die Mitgliedsstaaten pochen darauf, dass die EU-Kommission und ihr Präsident ihre Interessen achten. Das Europäische Parlament trotzte Barroso gerade mehr Einfluss bei künftigen Entscheidungen ab. Dazu kommt, dass die 26 Kommissare, die Barroso nun zu führen hat, ein heterogener Haufen aus ehemaligen Regierungschefs, Karrierediplomaten, Erfahrenen und Brüssel-Neulingen ist.

Bislang neigte Barroso in Konfliktfällen eher den Staats- und Regierungschefs zu. Kurz gesagt: Wenn Bundeskanzlerin Merkel anrief, dann sprang Barroso. Mit seiner ambitionierten Wirtschaftsagenda ist José Barroso am Widerstand der Regierungen und des Parlaments im ersten Anlauf gescheitert. Das soll in Barroso II, seiner zweiten Amtszeit, nun anders werden.

Bernd Riegert

Parlament gestärkt

Die Kommission will nun stärker auf das Parlament zugehen und Vorschläge der Parlamentarier für neue Gesetze zeitnah prüfen. Mißtrauensabstimmungen gegen einzelne Kommissare sollen anders als bislang möglich sein. Der neue EU-Grundlagenvertrag von Lissabon hat die Parlamentarier mutiger und selbstbewußter gemacht. Die Entscheidungen im Brüsseler Machtdreieck zwischen Parlament, Ministerrat (Vertretung der Mitgliedsstaaten) und EU-Kommission werden dadurch nicht einfacher.

José Barrosos Mannschaft haben die Regierungen der Mitgliedsstaaten nach Brüssel geschickt, nicht in allen Fällen sind es wirkliche Spitzenleute. Der konservative Portugiese konnte sich nur die Ressortverteilung ausdenken. Und da war er sehr kreativ. Alle altgedienten Kommissare erhielten ein neues Ressorts, offenbar damit sie nicht zu große Kompetenz und Hausmacht ansammeln konnten. Die Ressorts sind so geschnitten, dass es oft zu sachlichen Konflikten kommen wird, die der Präsident der Kommission dann kraft seines Amtes entscheidet. So sichert sich Barroso seine Macht. Er festigt das präsidiale System, das schon die erste Barroso-Kommission gekennzeichnet hat.

Präsidiales System

Die einzelnen Kommissare haben nur noch wenig zu melden. Entscheidungen werden nicht im Kollegium per Abstimmung getroffen. Alle Konflikte werden vor den Sitzungen der Kommission bereits von leitenden Beamten wegverhandelt. Das ist wahrscheinlich das einzige Rezept, um das Gremium mit 27 Köpfen arbeitsfähig zu halten.

Das wahre Problem der Kommission ist ihre Größe. Es gibt für die vielen Politiker einfach nicht genügend sinnvolle Aufgabenbereiche. Deshalb sind Ressorts jetzt zersplittert, werden Generaldirektionen zerlegt, die bislang zusammengearbeitet haben. Dieser Zustand wird in Zukunft eher schlimmer als besser, denn mit jeder Erweiterung um ein Land kommt ein neuer Kommissar hinzu. Die ursprünglich schon im Jahr 2000 anvisierte Verkleinerung der Kommission auf ein sinnvolles Maß wurde im Zuge des großen Feilschens um den Lissabon-Vertrag aufgegeben. Das wird sich irgendwann rächen, wenn 30 oder 35 Kommissare am Tisch sitzen. Dann wird der Apparat vollends unregierbar. Die Macht der Beamten, die schon jetzt immens ist, wird weiter wachsen.

Oettinger wird nicht herausragen

Das Portfolio Energie für den Kommissar aus dem größten Mitgliedsland Deutschland, Günther Oettinger, ist überschaubar. Er ist noch nicht einmal Vize-Präsident, wie das sein Vorgänger noch war. Wie bei anderen Kommissaren auch, wird sich erst in den nächsten Monaten erweisen, ob die frisch gebackenen Spitzen-Europäer ihren Aufgaben gewachsen sind oder ob sie, wie viele vor ihnen, unterhalb der öffentlichen Wahrnehmungsschwelle Akten, Weißbücher und Projekte produzieren werden.

Die Ansprüche an die Kommissare sind übrigens gesunken, früher mussten die Spitzenleute Europas Englisch und Französisch sprechen können. Heute reicht die eigene Muttersprache. Günther Oettinger ist mit seinen eher bescheidenen Englischkenntnissen kein Einzelfall. Für die jüngeren Kommissare aus den jungen EU-Mitgliedsstaaten gilt allerdings: Für sie muss Brüssel keine Sackgasse sein. Einige schaffen nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission eine nationale politische Karriere, die sogar bis ins Präsidentenamt führen kann, wie bei Dalia Grybauskaite. Die litauische Staatschefin war fast fünf Jahre EU-Haushaltskommissarin.

Autor: Bernd Riegert

Redaktion: Olja Ebel