Angst vor Ebola erschüttert Westafrikas Wirtschaft
29. August 2014Die Ebola-Epidemie hält Westafrika weiter in Atem. Nun meldet auch der Senegal seinen ersten Ebola-Fall. Nach Liberia am stärksten von der Epidemie betroffen ist Sierra Leone. Allein dort sind laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO bereits mehr als 1000 Menschen als infiziert gemeldet worden.
Das bekommt auch die Wirtschaft zu spüren. Der Chef der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) lässt keinen Zweifel an der misslichen Wirtschaftslage in Sierra Leone. Es gebe Schätzungen, wonach das Bruttoinlandsprodukt für 2014 um bis zu vier Prozent niedriger ausfallen werde als im Vorjahr, sagte Donald Kaberuka der Nachrichtenagentur Reuters bei einem Besuch in dem westafrikanischen Land. Die Epidemie führe dazu, dass Wirtschaftsprojekte abgesagt würden und Geschäftsleute das Land verließen. In einer Pressemitteilung bleibt die Bank etwas zurückhaltender. Dort ist von einem Einbruch um 1,5 Prozentpunkte in den betroffenen Ländern die Rede. Doch auch wenn die Weltgesundheitsorganisation keine Reiseverbote ausgesprochen habe, sei der Schaden groß, sagte Kaberuka: "Private Fluggesellschaften haben den Flugverkehr eingestellt. Das wirkt sich auf Tourismus und Handel aus."
Tatsache ist, dass der Ruf von Sierra Leone und den ebenfalls betroffenen Nachbarländern Guinea und Liberia seit Ausbruch der Epidemie sehr gelitten hat - auch bei afrikanischen Geschäftsleuten. "Ebola ist eine schreckliche Krankheit, wir alle sind besorgt", sagt der malawische Unternehmer Desmond Dudwa Phiri. Von Freetown, der Hauptstadt Sierra Leones, trennen ihn rund 6000 Kilometer Luftlinie. "Sogar hier in Malawi sind Menschen auf der Hut. Wir achten genau darauf, dass Fremde medizinisch untersucht werden, bevor sie unser Land betreten." Dass der innerafrikanische Handel leidet, wundert Phiri nicht. Wenn ein Land von einer ansteckenden Krankheit betroffen sei, würden die Menschen ihre Gesundheit dem finanziellen Profit vorziehen.
Berechtigte Vorsicht?
"Das ist auch der Grund, warum Länder wie Kenia, Senegal und Südafrika Reisebeschränkungen einrichten", sagt der Unternehmer - diese Länder verweigern Bürgern betroffener Länder die Einreise. "Natürlich leidet die Wirtschaft darunter. Diese Länder sind von ihren Exporteinkünften abhängig." Sierra Leone hatte sich für 2014 das Ziel gesteckt, Diamanten im Wert von 220 Millionen US-Dollar zu exportieren. Das zuständige Ministerium kündigte bereits an, dass dieses Ziel nicht erreicht werden könne. Minenarbeiter hätten Angst, weil sich die Diamantenfelder in einem der am schwersten von der Epidemie betroffenen Gebiete befänden. Auch der Abzug von internationalem Personal belastet laut Experten das Geschäft.
Natürlich habe die Epidemie für die am meisten betroffenen Länder beträchtliche wirtschaftliche Folgen, sagt Christoph Kannengießer. Der Geschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft warnt jedoch vor überzogener Panik: Die "wirtschaftlichen Schwergewichte" in der Region - Nigeria, Ghana, die Elfenbeinküste und Senegal - seien bisher weitgehend unberührt von der Krise. Den Unternehmern in diesen Ländern rät der Verein zwar zur Vorsicht, empfiehlt aber, in den Ländern zu bleiben. "Mittel- und langfristig wird Afrika nicht von Ebola bestimmt sein, sondern von wachsenden Mittelschichten und einer unternehmerfreundlichen Wirtschaftspolitik", so Kannengießer im DW-Interview. Afrika bleibe einer der großen Wachstumsmärkte.
Afrika ist mehr als ein Land
Kannengießer hofft zudem auf so genannte Nachholeffekte: "Handelsbeziehungen, Lieferbeziehungen, die Eröffnung von Vertriebsbüros: All das wird ja nur auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, zu dem die Einschränkungen nicht mehr bestehen", sagt er - und zeigt sich optimistisch, dass dies bereits in wenigen Monaten der Fall sein könne. Internationalen Unternehmen wirft er vor, zu wenig zu differenzieren. Afrika erscheine nun wieder als Kontinent der Krisen, Kriege und Katastrophen - dabei seien Ebola-Fälle bisher nur aus sechs von 54 Ländern bekannt.
Auch der malawische Unternehmer Desmond Dudwa Phiri spricht von einem "Image-Problem" des Kontinents: "Viele Menschen denken, Afrika sei nur ein einziges Land - wenn sie schlechte Nachrichten aus einem Land hören, denken sie, das gelte für den ganzen Kontinent." Er sei sich deshalb sicher, dass die Entwicklung in Westafrika auch die Wirtschaft in anderen Regionen beeinträchtigen werde.