Edenhofer: CO2-Abgabe bremst Klimawandel
2. Dezember 2014DW: Herr Edenhofer, sie plädieren für eine Bepreisung von CO2 innerhalb der nächsten zehn Jahre. Warum brauchen wir eine CO2-Steuer?
Wir brauchen eine CO2-Steuer, weil der Deponieraum in der Atmosphäre knapp geworden ist. Wir dürfen nur noch etwa 1000 Gigatonnen CO2 in der Atmosphäre ablagern. Und immer dann, wenn etwas knapp ist, braucht es einen Preis, weil sonst die Investoren, Konsumenten und Unternehmen nicht wissen, in welche Richtung sie investieren sollen. Erst wenn die Knappheit in den Preisen zum Ausdruck kommt, gehen auch die Investitionen in die richtige Richtung.
Wir wissen schon längst, dass es ein Klimaproblem gibt. Was ist in den letzten Jahren drängender geworden?
Drängend geworden ist, dass sich das Fenster der Möglichkeiten schließt. Wir dürfen nur noch 1000 Gigatonnen ablagern. Wenn wir so weiter machen wie bisher, dann ist der Deponieraum in zwei bis drei Dekaden voll. Es gibt aber vielleicht auch mehr Handlungsmöglichkeiten, denn wir verstehen heute besser, dass man die Einnahmen aus einer CO2-Steuer auch dazu nutzen kann, andere Steuern zu senken, die Staatsverschuldung abzubauen und in Infrastruktur zu investieren. In vielen Ländern der Welt ist der Infrastrukturbedarf gewaltig, und deshalb könnte eine CO2-Steuer durchaus eine gute Möglichkeit sein.
Wie würden Sie argumentieren, um einen Politiker davon zu überzeugen?
Da würde ich sagen: Eine CO2 Steuer hilft dir, die lokale Luftqualität drastisch zu verbessern, zum Beispiel in China, und ich würde Politikern in Mexiko sagen: Damit habt ihr auch die Mittel, um in die Infrastruktur zu investieren, die ihr in den nächsten zehn bis 20 Jahren so dringend braucht.
Was soll die Länder motivieren, jetzt in den Klimaschutz einzusteigen, die noch viele fossile Brennstoffe im Boden haben und dazu die Industrie, die davon profitiert?
Am Ende ist die Einsicht entscheidend. Die Einsicht, dass die langfristigen Folgen unseres heutigen Handelns, wenn wir so weiter machen wie bisher, zu irreversiblem Klimawandel führen wird. Mit all den Problemen, die dann auf die Länder zukommen. Für einen Politiker ist natürlich auch entscheidend, dass es kurzfristige Vorteile durch den Klimaschutz gibt. Es gibt diese kurzfristigen Vorteile. Die miserable Luftqualität in Peking ist heute schon ein Standortnachteil. Die chinesische Regierung denkt deshalb sehr intensiv über den Klimaschutz nach.
Aber die europäischen Länder haben eher Angst um Standortnachteile durch eine CO2-Steuer?
Die Standortnachteile einer CO2-Bepreisung kann man leicht dadurch auffangen, indem man durch die Einnahmen in die Standortqualität investiert . Wir können in das Bildungssystem, in die bessere Infrastruktur investieren. Alle Welt klagt darüber, dass unsere Infrastruktur langsam zerbröckelt. Es wäre sehr sinnvoll, diese Infrastruktur eben durch CO2-Steuern oder Einnahmen aus der Auktionierung von CO2-Zertifikaten zu finanzieren.
Das Interview führte Irene Quaile.
Prof. Dr. Ottmar Edenhofer ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe III des Weltklimarates (IPCC), stellvertretender Direktor und Chefökonom am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Professor für die Ökonomie des Klimawandels an der technischen Universität Berlin und Direktor des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC).