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Jochen Kürten16. Februar 2003

Die 53. Internationalen Filmfestspiele in Berlin gehen diesen Sonntag (16.2.) zu Ende. Joachim Kürten kommentiert die Preisverleihung.

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Wenn man so will hat die Jury mit ihrer Entscheidung, den Goldenen Bären an Michael Winterbottoms Film "In this world" zu verleihen, einen explizit politischen Kommentar zum derzeitigen Weltgeschehen abgegeben. In dem Film geht es ja nicht nur - wie in anderen Wettbewerbsbeiträgen auch - um das Thema Flüchtlinge im Allgemeinen, sondern es geht um Flüchtlinge, die aus Afghanistan den gefährlichen Weg nach Europa antreten. Also, noch vielmehr als im deutschen Film "Lichter", der an der deutsch-polnischen Grenze spielt oder im slowenischen Beitrag "Ersatzteile", in dem vor allem Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien eine neue Heimat suchen, ist Winterbottoms Film eine Auseinandersetzung mit den Folgen des 11. September und dem sich anschließenden Krieg in Afghanistan.

Ehrenwert

Wenn jetzt also der von Briten und Amerikanern angedrohte Irak-Feldzug unter anderem mit Kontakten des Regimes in Bagdad mit El-Kaida-Zellen begründet wird, dann ist es nicht so abwegig, dass die Jury Winterbottoms Film genau aus diesem Grund den Hauptpreis zugesprochen hat. "In this world", der den offiziellen Wettbewerb eröffnete, stieß bei der Kritik nicht unbedingt auf eine positive Resonanz: zu verkniffen die Haltung des Regisseurs, zu schematisch die moralischen Aussagen, zu gekünstelt die quasi-dokumentarische Machart des Films - so lautetet nicht gerade schmeichelhaft das Urteil der Kritik - ehrenwert und wichtig zwar, aber filmkünstlerisch nicht gerade eine Offenbarung.

Trotzdem ist die Wahl der Jury kein krasses Fehlurteil, sondern stellt eine vertretbare Entscheidung dar, weil sie auch ein deutlicher Fingerzeig auf die Themen des Wettbewerbs ist: die Berlinale des Jahrgangs 2003 war alles andere als unterhaltsam im klassischen Sinne. Tod und Krankheit, Krieg und Vertreibung - das waren die vorherrschenden Themen. Und es waren keine schlechten Filme, die das zeigten. Winterbottoms Film war einer von ihnen.

Kompromisskandidaten

Jury-Entscheidungen sind immer auch abhängig davon, wer in einem solchen Gremium gerade sitzt. Dazu kommen dann äußere Umstände, wie eben die derzeit höchst angespannte politische Weltlage. Es gibt viele Beispiele aus den vergangenen Jahren aus Cannes, Venedig und auch Berlin, in denen nicht unbedingt die künstlerisch besten Filme, sondern ehrenwerte Kompromisskandidaten ausgezeichnet wurden. Daran ist nichts schlechtes, zeigt nur einmal mehr, dass sich Filme im sportlichen Wettbewerb nur schlecht vergleichen lassen.