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"Ein Amerika, das Frieden stiftet, gibt es nicht mehr"

8. August 2006

Der Verlauf der kriegerischen Auseinandersetzungen im Libanon und das Ringen um eine UN-Resolution beschäftigen die internationale Presse eingehend.

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Israels Angriffe im Libanon zielen nach Ansicht der linksliberalen Zeitung "Guardian" vor allem auf den Iran:

"Was die israelische Armee in den Südlibanon brachte, war nicht bloß die Gefangennahme ihrer Soldaten und die Bedrohung durch Raketen der Hisbollah. Dies war sicherlich ein wichtiger Grund, doch es gab einen weit tiefer gehenden. Was den Mitgliedern der Regierung und des Generalstabs Israels durch die Köpfe ging, war wohl die Möglichkeit, dem Iran einen schweren Schlag durch die Vernichtung seiner Stellvertretertruppe im Libanon zu verpassen. Derselbe Impuls dürfte die USA, gefolgt von Großbritannien, dazu getrieben haben, diplomatische Aktivitäten zu untergraben, die zu einem frühzeitigen Ende der Kämpfe hätten führen können. Den Iran fertig zu machen, erschien wichtiger als libanesische Dorfbewohner oder israelische Zivilisten zu retten."

Die römische Zeitung "La Repubblica" bezweifelt, dass die USA noch eine positive Rolle spielen können:

"Am 20. Oktober 1973, als die Truppen von Ariel Scharon den Suez-Kanal überquerten und die Armee von Sadat am Rande der Niederlage stand, haben Nixon und Kissinger dem israelischen Vormarsch Einhalt geboten - mittels eines Ultimatums der Vereinten Nationen und geheimen Drucks auf Tel Aviv. Fünf Jahre später unterzeichneten Israel und Ägypten in Camp David jenen Frieden, der viele Jahre lang einen realen Frieden zwischen dem Staat Israel und der wichtigsten arabischen Nation garantiert hat. Diese Art von Frieden ist Amerika heute nicht mehr in der Lage herbeizuführen, weil das Land auf seine Rolle als ehrlicher Vermittler und mächtiger Friedensstifter zwischen den Kriegsparteien verzichtet hat, um das Ziel eines mit Gewalt auferlegten 'Machtwechsels' zu verfolgen. Nur Amerika kann Frieden im Nahen Osten stiften, aber ein Amerika, das Frieden stiftet, gibt es nicht mehr. Es ist am 11. September 2001 gestorben."

Das Ringen um eine UN-Resolution zur Beendigung der Kämpfe im Libanon kommentiert die Londoner "Times":

"Der Libanon ist von einer extremistischen Gruppe als Geisel genommen worden. Es liegt im Interesse der Region, das Land zu befreien - und zwar so, dass Syrien nicht erlaubt wird, sich dort wieder breit zu machen. Zudem ist Irans Hegemoniestreben offensichtlich und wird in wachsendem Maße gefürchtet. Ein Waffenstillstand, der Hisbollah als Kampftruppe teils funktionsfähig lässt, würde Palästinenserführer Mahmud Abbas ebenso untergraben wie die Führung Ehud Olmerts in Israel, weil damit Verhandlungen über einen Palästinenserstaat unmöglich würden. Washington hat sich mit nur geringfügigen Einsprüchen der Position von Paris (im UN- Sicherheitsrat) angeschlossen. Dennoch hat Frankreich Grund zu der Klage, dass seine EU-Partner - außer Großbritannien - ihm nur zögerlich beipflichten. Sie sollten Frankreich erheblich robuster unterstützen"

Die Moskauer Tageszeitung "Kommersant" vertritt die Meinung, dass Israel auf eine Niederlage im Libanon zusteuert:

"Alle verlangen von der israelischen Führung, dass sie den Krieg beendet. Aber niemand weiß so recht, wie das eigentlich erreicht werden soll. In diesem Krieg bleibt alles unklar, mit Ausnahme einer Erkenntnis: Israel wird diesen Konflikt nicht gewinnen, weder in den Bergen des Libanons noch in der öffentlichen Meinung. Die israelische Führung wird sich das erste Mal mit einer Niederlage abfinden müssen."

Der Züricher "Tages-Anzeiger" macht auf die Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen aufmerksam:

"Längst ist der Krieg im Nahen Osten auch ein Krieg der Bilder, mit denen Herzen und Hirne der Menschen weltweit gewonnen werden sollen. (....) Wer über den 'Krieg der Bilder' spricht, darf aber eines nicht vergessen: Man kann Bilder von Leichen zynisch inszenieren und propagandistisch ausschlachten. Die Toten aber, die sie zeigen, sind wirklich tot. Mehr als 1000 sind es nach 26 Tagen Krieg bereits auf libanesischer Seite, 100 auf Seiten Israels. Auch Bilder, die lügen, machen diese Menschen nicht wieder lebendig."

Die Kopenhagener Tageszeitung "Politiken" meint zu den Bemühungen um einen Waffenstillstand mit einer neuen UN-Resolution:

"Der Libanon und weite Teile der arabischen Welt kritisieren den Entwurf für eine UN-Resolution von den USA und Frankreich als einseitig und pro-israelisch. Es stimmt auch, dass danach Israel seine Streitkräfte im südlichsten Teil des Libanon stationieren darf. Dies ist für viele eine Provokation angesichts der enormen menschlichen und physischen Verluste, die Israel dem Libanon mit seiner wenig versöhnlichen Politik zugefügt hat. (...) Aber das wichtigste Ziel der Resolution besteht nicht darin, Sonne und Wind gerecht zu verteilen, sondern den Regen von Tod und Elend über dem Libanon sowie dem nördlichen Israel zu stoppen. Am wichtigsten ist, dass auf die Resolution schleunigst internationale Streitkräfte folgen, die die Souveränität des Libanons sichern. Das wäre auch eine Fortsetzung der Politik einer Entmilitarisierung der Hisbollah, die der begrenzte militärische Erfolg Israels in den letzten Wochen auf andere Weise eben nicht erreicht hat."

Der Wiener "Standard" schreibt am Dienstag zur wachsenden Kritik am Verhalten der israelischen Armee:

"Die stärkste Armee der Region scheint in diesem Stadium des Kriegs ratlos. Dabei zweifelt kaum jemand an ihrem militärischen Erfolg am Ende. Es sind die weiteren Kosten an Menschenleben und der zusätzliche politische Schaden für die Nachkriegsdiplomatie, die zur Debatte stehen. (...) Die israelische Armee steuert nun ihren dritten taktischen Plan an: eine massive Ausweitung des Bodenkriegs mit noch mehr Truppen und ein Vorstoß bis zur Linie des Litani-Flusses - der Grenze des Südlibanon zur Region um Beirut - oder gar noch weit darüber hinaus. Doch das Militär steht gegen die Diplomaten. Jede weitere Eskalation des Kriegs im Libanon wird wohl zu einer für Israel ungünstigeren UNO-Resolution in New York und stärkerem internationalem Druck führen. Die Geduld der USA zu erschöpfen kann sich auch Olmert nicht leisten."

Der Wiener "Kurier" drängt auf die Entsendung einer internationalen Friedenstruppe:

"Die Partie hängt also in erster Linie wegen der bisher nicht elaborierten Friedenstruppe und ihrem Befehl zum Abmarsch. In zweiter Linie wäre es an den Freunden Israels, das Land vor sich selbst zu schützen. Jeder weitere Tag Krieg bedeutet weniger Verständnis. Bei Feinden sowieso, aber auch bei Freunden. Und jeder weitere Tag ohne Hisbollah-Niederlage bedeutet mehr Ruhm für diese Krieger. An den Freunden des Libanons läge es, der Regierung ebenjene Souveränität - ist gleich Verantwortung - über das gesamte Territorium schmackhaft zu machen, die sie auch nach Israels Abzug im Jahr 2000 nicht hatte, weil sich die Hisbollah den Südlibanon krallte. Die Anhänger dieser Gruppe müssten vor die Wahl gestellt werden, die Waffen abzugeben und sich in das halbwegs demokratische System einzuklinken. Oder als gemeine Kriminelle im Gefängnis zu landen."