John Kerry in Berlin
26. Februar 2013Nur selten fällt ein Besuch so herzlich aus, wie der des neuen amerikanischen Außenministers in Berlin. John Kerry wurde von Bundesaußenminister Guido Westerwelle und Bundeskanzlerin Angela Merkel mit großer Freundlichkeit empfangen. "Die Tatsache, dass der amerikanische Außenminister so früh in seiner Amtszeit Europa und Deutschland besucht, ist ein klares Bekenntnis zur transatlantischen Partnerschaft", sagte Westerwelle zur Begrüßung seines Amtskollegen. Die Vereinigten Staaten seien der wichtigste Verbündete Deutschlands außerhalb Europas. Beide Länder verbinde eine Wertepartnerschaft.
Ein Transatlantiker im State Department
In der Tat hat der Amtsantritt des 69-jährigen Kerry frischen Wind in die deutsch-amerikanischen Beziehungen gebracht. Der neue amerikanische Chefdiplomat gilt als überzeugter Transatlantiker und setzt auf eine enge Zusammenarbeit bei der Bewältigung der aktuellen Krisen. Im Mittelpunkt seiner Gespräche in Berlin standen die Lage in Syrien und in Afghanistan, die Atomgespräche mit dem Iran und die Schaffung eines transatlantischen Freihandelsabkommens. Bundesaußenminister Westerwelle sprach sich dafür aus, die Gespräche darüber schon im Sommer aufzunehmen. "Ein Freihandelsabkommen würde Wachstum und Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks schaffen", sagte er.
John Kerry unterstrich, dass ein Freihandelsabkommen für Präsident Barack Obama ein zentrales Anliegen sei, um die europäische und die amerikanische Wirtschaft wieder auf die Beine zu bringen. Mit dem Abbau von Handelsschranken zwischen den USA und Europa werde die größte Freihandelszone der Welt geschaffen.
Krisenherde Syrien und Iran auf der Tagesordnung
Zuversichtlich zeigte sich der amerikanische Außenminister in Bezug auf die Atomgespräche mit dem Iran. Der neue Vorschlag der 5+1-Gruppe, also der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen plus Deutschland, beinhalte Maßnahmen für beide Seiten. Er ermutige den Iran, konkrete Schritte zu unternehmen, um die Sorgen der internationalen Gemeinschaft anzuerkennen. "Es gibt einen klaren diplomatischen Weg und ich hoffe, dass wir eine Chance haben, diesen Weg einzuschlagen." Mit Rücksicht auf die derzeit stattfindenden Iran-Gespräche in der kasachischen Hauptstadt Almaty wolle er jedoch keine weiteren Stellungnahmen abgeben.
Auch zum Thema Syrien äußerte sich Kerry nur vorsichtig. Er werde am Donnerstag nach Rom reisen, wo sich die sogenannte Gruppe der Freunde Syriens trifft, um über ein Ende des Bürgerkriegs zu beraten. An dem Treffen wird auch das Oppositionsbündnis Nationale Syrische Koalition (NSC) teilnehmen. Ursprünglich wollte die Gruppe das Treffen aus Protest gegen das internationale Schweigen zur Gewalt in Syrien boykottieren. Erst auf Intervention amerikanischer Diplomaten hatten die syrischen Oppositionellen ihre Haltung verändert und eine Teilnahme zugesagt. "Wir sehen in der Nationalen Koalition der Opposition in Syrien den Schlüsselpartner für die Zukunft Syriens", betonte Westerwelle. Die Lage in dem arabischen Land erfülle die Bundesregierung "mit Entsetzen". Die internationale Gemeinschaft sei in der Pflicht, alles zu tun, was möglich sei, um den Konflikt zu beenden.
Kinderjahre in Berlin
Zuvor traf Kerry im Kanzleramt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen. Dabei erinnerte er daran, dass er als Kind einige Jahre in Berlin gelebt hatte. "Ich entsinne mich noch gut, wie ich mit dem Fahrrad am Reichstag vorbei geradelt bin, der damals ganz zerstört war", sagte Kerry und fügte hinzu: "Was Sie für die Stadt und das Land getan haben, ist wirklich bemerkenswert, Berlin ist eine der großen Weltstädte und ich erachte es als Privileg, hier zu Besuch zu sein."
Kerrys Vater, ein amerikanischer Diplomat, war zwischen 1954 und 1956 in Berlin stationiert. Der Sohn besuchte in seiner Jugend auch ein Schweizer Internat und blieb Deutschland und Europa auch während seiner langen politischen Laufbahn treu. In Berlin traf er am frühen Morgen, vor Beginn seiner Gespräche, mit Studenten zu einem Meinungsaustausch zusammen. Dabei sprach er auch Deutsch - und beeindruckte mit seinen guten deutschen Sprachkenntnissen.