Naher erdähnlicher Planet
24. August 2016Immer wieder entdecken Astronomen sogenannte erdähnliche Planeten irgendwo im Universum. Diese müssen bestimmte Bedingungen erfüllen, die es zumindest theoretisch denkbar scheinen lassen, dass auf ihnen Leben möglich ist.
Erdähnliche Planeten müssen sich in einem bestimmten Abstand zu ihrer Sonne befinden, damit dort Temperaturen herrschen, die flüssiges Wasser möglich machen. Die Gravitation muss in einem gewissen Rahmen sein, so dass es sich dort theoretisch leben lässt. Und natürlich muss auch die Sonne bzw. der Stern, um den sie kreisen, bestimmte Bedingungen erfüllen.
Galaxie: Proxima Centauri
Nun sind Astronomen an der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile wieder fündig geworden. Und nicht nur das: Der entdeckte Planet ist diesmal nicht etwa mehrere hundert Lichtjahre entfernt, wie so viele andere erdähnliche Planeten, sondern ganz nah bei uns. Er liegt in dem Sonnensystem, das uns am nächsten ist: Proxima Centauri - in nur 40 Billionen Kilometern Entfernung.
Der nun entdeckte Planet heißt Proxima Centauri b - oder kurz: Proxima Cen b. Er umkreist seine Sonne mit einer Umlaufzeit von 11,2 Tagen in einem Abstand von sieben Millionen Kilometern. Die Entfernung zwischen unserer Erde und der Sonne beträgt ungefähr 20 mal so viel. Dennoch dürfte es dort nicht zu heiß werden, denn der rote Zwerg Proxima Centauri ist verglichen mit unserer Sonne eine müde Funzel: Seine Leuchtkraft beträgt gerade mal 0,17 Prozent unserer Sonnen-Kraft. Dafür ist Proxima Cen b etwa 1,3-mal so schwer wie unsere Erde.
Eine Reisewarnung gilt
Aber noch ist es zu früh, die Koffer zu packen und das Raumschiff zu beladen. Allein die Hinreise ins Sonnensystem Proxima Centauri würde mit der besten heutigen Raketentechnik mindestens vierzig Jahre dauern.
Vorher gibt es auch noch viele grundsätzliche Fragen zu klären - etwa, ob es überhaupt ein Planet ist. Die Astronomen um Guillem Anglada-Escudé von der Queen Mary Universität in London sprechen in der heutigen Veröffentlichung in der Fachzeitschrift "Nature" vorsichtigerweise noch von einem "Planeten-Kandidaten", auch wenn sie sich zu über 99 Prozent sicher sind, dass es wohl doch ein Planet ist.
Hoffen auf die nächste Teleskop-Generation
Um das abschließend herauszufinden, und um zu verifizieren, welche Bedingungen auf dem Planeten herrschen, müsste sich zuerst die Technik verbessern. Der gefundene Planet liegt nämlich sehr nah an seiner Sonne, was die Beobachtung erschwert. Die Forscher hoffen nun auf die nächste Teleskop-Generation, die beim ESO in Chile innerhalb des nächsten Jahrzehnts installiert werden soll.
Hinzu kommen weitere Unwägbarkeiten. Die Forscher können nicht ausschließen, dass der neu entdeckte Planet möglicherweise immer die selbe Seite zu seiner Sonne ausrichtet. Sollte er keine Eigendrehung haben, wäre es schnell vorbei mit der Hoffnung nach erdähnlichen Lebensbedingungen - denn dann wäre es auf der einen Seite immer zu heiß, auf der anderen zu kalt.
Zudem ist bekannt, dass Proxima Centauri eine starke Strahlungsquelle für hochenergetische Teilchen und Röntgenstrahlen ist. Auch das ist nicht optimal für die Entstehung außerirdischen Lebens. Die Forscher wissen noch nicht einmal, ob der Planet eine schützende Atmosphäre hat.
Kleinstsatelliten ins nächste Sonnensystem?
Vielleicht könnte eine Privatinitiative namens "Breakthrough Starshot" Klarheit über einige dieser Fragen schaffen. Im Frühjahr hatte die vom russischen Milliardär Juri Milner finanzierte Initiative einen ambitionierten Plan verkündet, lasergetriebene Nanosonden als erste interstellare Kundschafter zum Sonnensystem Alpha-Centauri zu schicken. Das ist ein Doppel-Sonnensystem, welches gleich neben Proxima-Centauri liegt - uns also auch sehr nah ist.
Es sei sehr wahrscheinlich, dass bei diesem Vorhaben nun vor allem Proxima Centauri ins Visier genommen werde, sagte der Direktor von "Breakthrough Starshot", Pete Worden, bei der Pressekonferenz aus Anlass der Publikation am deutschen ESO-Standort in Garching.
fs/jh (dpa)