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Friedensangebot aus Not

Kersten Knipp18. Dezember 2012

Der syrische Vizepräsident Faruk Al-Scharaa will mit der Opposition verhandeln. Al-Scharaa schlägt die Bildung einer Übergangsregierung vor. Die Reaktion der Regimegegner ist verhalten.

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Faruk al-Scharaa Vizepräsident Syrien (Foto: epa)
Bild: picture-alliance/dpa

Wenn Waffen nicht mehr weiter helfen, kommt die Zeit der Worte. So lassen sich zumindest die Äußerungen des syrischen Vizepräsidenten Farouq al-Scharaa verstehen. In einem Interview mit der libanesischen Tageszeitung "Al Akhbar" räumte er indirekt ein, dass die Regierung Assad an einen militärischen Sieg über die Rebellen nicht mehr glaubt. Den Konflikt könne keine Seite militärisch gewinnen. Anstatt das Land weiter zu zerstören, sei es deshalb besser, eine Waffenruhe zu vereinbaren und Verhandlungen über eine Einheitsregierung aufzunehmen. Auch Syriens Nachbarstaaten und die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats müssten an der "historischen Lösung" des Konflikts beteiligt werden. 

Walid al-Bunni, ein Veteran der syrischen Opposition, reagierte zögerlich auf Al-Scharaas Angebot. Er sagte der Nachrichtenagentur dpa in Beirut, der Vorschlag komme zu spät. "Außerdem können wir nicht akzeptieren, dass Leute, die das syrische Volk töten, an der Macht bleiben", fügte er hinzu.

Assad will militärische Lösung

Al-Scharaas Erklärung ist auch darum so brisant, weil sie ganz offenbar nicht aus besserer Einsicht der Regierung, sondern aus einer schlichten Notlage heraus entstand. Denn Baschar al-Assad selbst, erklärt sein Vize, favorisiere im Grunde eine andere Lösung. "Er verbirgt einen Wunsch nach einer militärischen Lösung nicht – einer Lösung, die bis zum endgültigen Sieg führen soll. Käme es dann zum politischen Dialog, würde dieser auf Grundlage der Fakten stattfinden."

Doch es könnte sein, dass sich diese Fakten derart geändert haben, dass das Regime an eine militärische "Lösung" des Problems nicht mehr glaubt. Schon vor Tagen erklärte Sadiq Al-Mousllie, einer der Sprecher des Syrischen Nationalrates in Deutschland, dass die zur Opposition gehörende "Freie Syrische Armee" im Kampf gegen die Regierung erhebliche Fortschritte verzeichne. "Das Regime wird immer weiter zurückgedrängt."

Ein zerstörtes Plakat von Präsident Assad (Foto: ap)
Die Unterstützung für Syriens Präsident Assad schrumpftBild: AP

Die Zweifel der Verbündeten

Zu dieser Einschätzung passt auch eine Erklärung der Regierung Irans. Das Land gehört zu den treuesten Verbündeten der Regierung Assad. Die iranische Regierung rief zur Bildung eines "Nationalen Versöhnungskomitees" auf. Dessen Aufgabe wäre ebenfalls die Vorbereitung einer Übergangsregierung.  

Auch in Moskau wachsen die Zweifel am Assad-Regime. Die russische Regierung schließt offenbar einen Sturz Assads nicht mehr aus. Doch für einen glaubhaften Wechsel der russischen Politik sei es fast schon zu spät, schreibt die politische Analystin Raghida Dergham in der  Tageszeitung "Al Hayat". Russland zahle für Putins Syrien-Politik einen gewaltigen Preis. "Das Land verliert den Anschluss an Syrien wie die gesamte Region. Die Gelegenheit für einen 'großes Geschäft' ist vorbei, und mit ihr auch die Möglichkeit, dass Russland eine nach vorn weisende und ehrenhafte Rolle in der Region spielt."

Sollte Syriens Vizepräsident Al-Scharaa sein Angebot ernst meinen, wäre dies eine Möglichkeit, weiteres Blutvergießen zu verhindern. Dass sich die Kämpfer beider Seiten ausnahmslos an einen Waffenstillstand halten würden, ist aber unwahrscheinlich. Zuviel Blut ist geflossen, als dass Worte von einem Tag auf den anderen die Waffen ersetzen könnten.