Ein früher Tod verkauft sich gut
Wer als Künstler jung stirbt, steigert damit häufig den Preis seiner Kunst. Das ist makaber, aber wahr. Eine Ausstellung in Baden-Baden zeigt Werke von 33 Künstlerinnen und Künstlern, die früh gestorben sind.
Vincent van Gogh (†37)
Jung verstorben und zu Lebzeiten verkannt: Van Gogh (im Bild seine "Rosen und Sonnenblumen", 1886) verkörpert diese Geschichte wie kaum ein anderer Künstler. Die Umstände seines Todes sind bis heute ungeklärt. Zu Lebzeiten verkaufte der Niederländer (1853-1890) kaum etwas – doch schon wenig später erzielten seine Werke Rekordpreise. Heute gilt van Gogh als einer der Begründer der modernen Malerei.
Michel Majerus (†35)
Was passiert mit dem Werk von Künstlern, die früh sterben? Die Ausstellung "Nach dem frühen Tod" in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden versucht dem nachzugehen. Sie vereint Werke von 33 jung verstorbenen KünsterInnen aus dem 20. und 21. Jahrhundert. "Space Invaders 2" (2002) stammt vom luxemburgischen Maler und Bildhauer Michel Majerus (1967-2002), der bei einem Flugzeugabsturz starb.
Keith Haring (†31)
Neben Schicksalsschlägen sind Krankheiten Ursache eines frühen Todes: Der weltbekannte US-amerikanischer Künstler Keith Haring (1958-1990) – im Bild sein Werk "o. T." (1986) – starb zwei Jahre nach seiner Aids-Diagnose. Schon bei Bekanntwerden der Krankheit stieg das Preisniveau seiner Werke "um gut 300 Prozent", sagt der Konstanzer Ökonomieprofessor Heinrich Ursprung.
Jean-Michel Basquiat (†27)
Noch höher, nämlich auf "etwa 400 Prozent", beziffert Ursprung den "Todeseffekt" bei Werken des afroamerikanischen Künstlers Basquiat (1960-1988), der an einer Überdosis starb. In seinen Werken (im Bild: "Amber Vision", 1988) sucht man nach Spuren seiner Drogensucht, genauso wie bei van Gogh nach denen von Wahnsinn und bei Schlingensief danach, wie er sein Krebsleiden verarbeitete.
Christoph Schlingensief (†49)
Der Regisseur, Autor und Aktionskünstler (1960-2010) erlag seiner Krebserkrankung. In Baden-Baden ist er mit der Installation "Stairlift to Heaven" vertreten. Eine tödliche Krankheit verändert oft die öffentliche Wahrnehmung, sagt Museumschef Johan Holten. Nachdem der lustvolle Provokateur Schlingensief krank wurde, seien die Einschätzungen vieler Kommentatoren auf einmal freundlicher geworden.
Jackson Pollock (†44)
Er gilt als der wichtigste Vertreter des abstrakten Expressionismus und einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Der US-amerikanische Maler (1912-1956) erfand die Stilrichtung des Action Painting. Hier zu sehen ist seine "Composition No. 16" (1948). Pollock starb bei einem Autounfall, den er in Folge von erhöhtem Alkoholkonsum selbst verursacht hatte.
August Macke (†27)
Einer der wichtigsten deutschen Maler des Expressionismus war August Macke (1887-1914), hier sein "Märchenerzähler" (1912). Sein Werk umfasst meist fröhliche, positive Bilder. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich der Künstler freiwillig zum Dienst in der Armee. Am 08.08.1914 wurde er eingezogen. Bereits am 26.09.1914 fiel er beim Kampf in der Champagne.
Peter Roehr (†23)
Der deutsche Maler und Objektkünstler Peter Roehr (1944-1968) widmete sich dem Ordnunsgprinzip in der Kunst. Subjektivität versuchte er auszublenden. Aus industriell gefertigten Elementen konstruierte er durch serielle Reihung geometrisch akkurate Bildtafeln. Für sein Werk "O.T. (OB-1)" (1963) befestigte er Streichholzschachteln auf einem Stück Holz. Peter Roehr starb an Krebs.
Dash Snow (†27)
Schon als Jugendlicher lebte er auf den Straßen New Yorks. Bekannt wurde Dash Snow (1981-2009) mit seinen im Untergrund geknipsten realistischen Polaroid-Fotografien, die vor allem Drogen, Sex und Gewalt zeigen. Neben Fotos fertigte er später auch Collagen, Installationen und Skulpturen an – im Bild zu sehen ist "Reach Out & Fuck Someone" (2006/07). Dash Snow starb an einer Überdosis Heroin.
Eva Hesse (†34)
Die schalenartigen, filigranen "Studioworks" aus Mulltuch sind zur Kunst erhoben, obwohl man nicht einmal weiß, ob sie das sein sollten. Eva Hesse (1936-1970) erlag einem Hirntumor. Mittlerweile sind ihre Werke eine feste Größe auf dem Kunstmarkt. Hesse bleibt aber die Ausnahme: Früh verstorbene Künstlerinnen hinken in der öffentlichen Anerkennung den männlichen Kollegen deutlich hinterher.