Ein goldener Fluss im Central Park
10. Januar 2005Safrangelbe Tücher werden von 7500 Stahl-Toren hängen, die einen Teil der Fußwege des Parks säumen sollen. Dann erstrahlen insgesamt 37 Kilometer in Gold. Der Stahl - genug, um zwei Drittel des Eiffelturms nachbauen zu können - ist bereits vor Ort.
Jetzt müssen die Helfer die 15.000 Sockel für die Tore platzieren und die Tore aufrichten - unter den prüfenden Blicken von Christos Frau und Muse Jeanne-Claude. Am 12. Februar werden die Tücher von den fünf Meter hohen Toren entrollt - falls das Wetter mitspielt.
Hoffen auf Hilfe von oben
Petrus scheint der einzige zu sein, der den Christos ins Handwerk pfuschen könnte. Es regnete in Strömen, als der erste LKW ankam und auch, als das erste Fundament gelegt wurde. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt könnte der Blick der Besucher auf das "Kunstwerk voll Freude und Schönheit" (Jeanne-Claude) getrübt werden. "Wir schlafen jede Nacht mit fest gedrückten Daumen", artikuliert die Christo-Gattin ihre Sorgen.
Doch selbst im Schnee wird das riesige Outdoor-Kunstereignis ein außergewöhnliches Farbenspiel bieten. Auch, wenn die Künstler selbst nicht wissen, wie es genau aussehen wird. "Wir warten auf die beste Überraschung unseres Lebens."
Schwere Last für Kunstdiebe
Wie die anderen Großprojekte des Künstlerpaares sind auch "Die Tore" vergänglich. Nach 16 Tagen werden die Abbauarbeiten beginnen, und der Central Park wird bis zum Frühlingsbeginn wieder grau und blattlos sein.
Dass die Fundamente unbewacht im Park liegen, stört weder die Polizei noch Projektleiter Vince Davenport. Diebe hätten eine schwere Last zu Tragen: Bis 400 Kilo wiegt jedes Einzelteil. "Wenn Sie so ein Teil tatsächlich heben und mit dem Auto wegfahren können, dann bitteschön."
Selbstverdiente Kunst
Ein Nike-"Swoosh" oder das Coca-Cola-Logo wird das Projekt nicht verschandeln, denn die beiden Künstler akzeptieren keinerlei Sponsorengelder oder Zuschüsse. Alle ihre Werke sind selbst finanziert. Um die erforderlichen 20 Millionen Dollar aufzubringen, verkaufen Christo und Jeanne-Claude Zeichnungen und frühe Werke an Sammler und Museen.
600.000 Dollar brachte die größte Skizze für "The Gates" ein. 16,4 Millionen hat das Pärchen ohne Nachnamen schon zusammen - dazu Kreditzusagen einer europäischen Bank, falls der Betrag nicht rechtzeitig zusammenkommt.
"The Gates" - Werdegang von 25 Jahren
Die Idee ist ein Vierteljahrhundert alt. Aus dem Jahr 1980 stammen Christos erste Skizzen für die "Gates". Am 22. Januar 2003 gab New Yorks Bürgermeister Michael R. Bloomberg sein Einverständnis. Schließlich bringt das Projekt nicht nur Prestige, sondern auch jede Menge Touristen. Die werden am Ende der Ausstellung Stücke des Stoffes als Souvenir mitnehmen können - wie schon bei der Verhüllung des Reichstages 1995.
"The Gates" werden eine logistische Mammutaufgabe. Doch wenn die Vision "eines goldenen Flusses, der durch die kahlen Äste erscheint und verschwindet" zum Leben erwacht, wird der Aufwand im Vorfeld wohl vergessen sein.