Ein Hardliner auf Koalitionssuche in Israel
23. Februar 2009Der rechtsorientierte Likud-Chef Benjamin Netanjahu hat am Sonntag (22.02.2009) erste Verhandlungen mit möglichen Koalitionspartnern geführt, auch mit der Chefin der Kadima-Partei, Zipi Livni. Staatspräsident Schimon Peres hatte den Hardliner am Freitag mit der Regierungsbildung beauftragt und dafür eine Frist von sechs Wochen Zeit gesetzt.
Netanjahu zieht die Bildung einer großen Koalition einem Bündnis mit ultranationalistischen und ultrareligiösen Parteien vor. Er hatte an Kadima-Chefin Livni und Ehud Barak von der Arbeiterpartei appelliert, gemeinsam mit ihm eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Livni wies die Werbungen Netanjahus in einer ersten Reaktion allerdings entschieden zurück. Sie hatte mit der Kadima bei der Parlamentswahl knapp vor dem Likud gelegen und daher auch das Amt des Ministerpräsidenten beansprucht. Netanjahu wurden aber bessere Chancen eingeräumt, eine tragfähige Mehrheit im Parlament hinter sich zu bringen.
Erste Gespräche erfolglos
Livni hatte betont, sie werde nicht als "Feigenblatt" einer Koalition angehören, die wegen innerer Zerstrittenheit handlungsunfähig sein werde. Mit Netanjahu würde sie nur auf einer Basis der völligen Gleichberechtigung zusammenarbeiten. Erste Gespräche zwischen der scheidenden Außenministerin Zipi Livni und Likud Chef Netanjahu blieben daher erstmal ohne Ergebnis. Beide Politiker vereinbarten aber weitere Konsultationen. Livni erklärte nach dem Treffen, es gebe erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Kadima, die der politischen Mitte zugerechnet wird, und dem rechtsorientierten Likud.
Auch ein erstes Sondierungsgespräch Netanjahus mit dem scheidenden Verteidigungsminister Ehud Barak ist am Montag (23.02.2009) ohne Ergebnis geblieben. Barak, der Vorsitzende der sozialdemokratischen Arbeitspartei, sagte Medienberichten zufolge nach dem Treffen in Jerusalem, er wolle in die Opposition gehen.
Frostige Aussichten für den Friedensprozess
Sollte eine große Koalition nicht zustande kommen, hat Netanjahu auch die Möglichkeit, mit fünf ultranationalistischen und ultrareligiösen Parteien eine Koalition einzugehen. Deren Parteichefs haben ihm bereits ihre Zustimmung zugesichert. So könnte Netanjahu eine Regierung mit 65 der 120 Sitze in der Knesset bilden. Wegen unterschiedlicher politischer Positionen der potenziellen Koalitionspartner, beispielsweise bei der Forderung nach einer Reform des Wahlgesetzes, könnte es aber sehr schnell zu Streitigkeiten kommen.
Der Friedensprozess mit den Palästinensern dürfte unter einem Ministerpräsidenten Netanjahu erst einmal auf Eis gelegt werden. Er lehnt den Prozess in seiner gegenwärtigen Form ab und will stattdessen einen "wirtschaftlichen Frieden" versuchen. Das jedoch wird von den Palästinensern als neue Form der Besatzung zurückgewiesen. Die Palästinenserführung unter Präsident Mahmud Abbas forderte Netanjahu auf, alle bisherigen Friedensabkommen anzuerkennen. Das künftige israelische Kabinett müsse für eine Zwei-Staaten-Lösung eintreten und alle Siedlungsaktivitäten stoppen, so ein Sprecher. Dann sei man auch zu einer Zusammenarbeit mit jeder israelischen Regierung bereit.(kis/dh)