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Hauch von Entspannung in Jerusalem

23. Oktober 2015

Wochenlang war für Muslime der Zugang zum Tempelberg beschränkt. Nun dürfen dort wieder palästinensische Gläubige jeden Alters beten. Die Lockerung dürfte Folge der Ausgleichsbemühungen von US-Außenminister Kerry sein.

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Israelische Polizisten kontrollieren Palästinenser am Damaskustor in Jerusalem vor dem Freitagsgebet (Foto: Reuters/R. Zvulun)
Bild: Reuters/R. Zvulun

Erstmals nach vier Wochen hat Israel wieder palästinensischen Gläubigen jeden Alters den Zutritt zum Freitagsgebet auf dem Jerusalemer Tempelberg gestattet. Die israelische Polizei gab die Lockerung der Zugangsbeschränkung am Morgen bekannt, womit ein Signal der Entspannung gegeben werden sollte. Die Aufhebung des zuletzt geltenden Verbots für palästinensische Männer unter 40 Jahren, die Hochfläche mit der Al-Aksa-Moschee zu betreten, gehörte offenbar zu den "konstruktiven Vorschlägen", die US-Außenminister John Kerry und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu am Donnerstag in Berlin nach Angaben eines Kerry-Sprechers erörterten.

Starker Andrang der Betenden

Nach Angaben der Tempelberg-Verwaltung stießen die gelockerten Zugangsbeschränkungen auf eine große Resonanz. Es seien rund 25.000 Muslime zum Gebet gekommen - fünfmal mehr als am vergangenen Freitag.

Der Streit um den für Muslime und Juden heiligen Tempelberg im israelische besetzten Ostteil Jerusalems ist eine wichtige Ursache der aktuellen Unruhen. Die Palästinenser befürchten, dass die rechts-religiöse Regierungskoalition unter Netanjahu schrittweise die religiösen Nutzungsrechte auf dem Gelände vor der Al-Aksa-Moschee ändern will, was der Ministerpräsident aber bestreitet. Nach der derzeitigen Regelung dürfen Juden - wie andere nichtmuslimische Besucher - den Tempelberg zwar zu bestimmten Zeiten besichtigen, aber dort nicht beten. Die Al-Aksa-Moschee ist die drittwichtigste des Islam nach denen in Mekka und Medina in Saudi-Arabien.

Der Tempelberg mit Al-Aksa-Moschee und Felsendom (Foto: picture alliance/CPA Media)
Der Tempelberg mit Al-Aksa-Moschee und FelsendomBild: picture alliance/CPA Media

Im Westjordanland und Gazastreifen wurden bei neuen Zusammenstößen mit israelischen Soldaten wurden nach Angaben der palästinensischen Behörden mehr als 90 Menschen verletzt. Im Gazastreifen hatten Demonstranten israelische Soldaten mit Steinen beworfen. Die Soldaten feuerten daraufhin Tränengas ab, schossen aber auch mit Gummigeschossen und scharfer Munition. Wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Gaza mitteilte, wurden dabei etwa 65 Menschen verletzt.

Im Westjordanland wurden den dortigen Gesundheitsbehörden zufolge 31 Menschen bei ähnlichen Zusammenstößen verletzt. Seit drei Wochen eskaliert erneut die Gewalt zwischen Israel und den Palästinensern. Bei rund 30 palästinensischen Anschlägen und Konfrontationen von Demonstranten mit Sicherheitskräften wurden neun Israelis, ein Afrikaner und mehr als 50 Palästinenser getötet. Die meisten Palästinenser waren Attentäter, die bei ihrem Anschlag von Sicherheitskräften oder Zivilisten erschossen wurden. Als ein Auslöser der neuen Gewalt gilt der Streit um die Nutzungsrechte des Tempelbergs in Jerusalem.

Gericht blockiert Abriss von Wohnungen von Attentätern

Zur Beruhigung der Lage könnte zumindest kurzfristig beitragen, dass der Oberste Gerichtshof den eigentlich für Donnerstag anberaumten Strafabriss der Wohnungen von sechs Attentätern aus dem Westjordanland in letzter Minute blockierte. Am 29. Oktober soll über diese Fälle eine Anhörung stattfinden.

US-Außenminister Kerry und Israels Regierungschef Netanjahu am Donnerstag in Berlin (Foto: Reuters/C. Allegri)
US-Außenminister Kerry und Israels Regierungschef Netanjahu am Donnerstag in BerlinBild: Reuters/C. Allegri

US-Außenminister Kerry bemüht sich in diesen Tagen darum, als erstes den Streit um den Tempelberg zu entschärfen, indem die geltenden Regeln bekräftigt und einvernehmlich durchgesetzt werden. Nach seinem Treffen mit Netanjahu will er darüber am Samstag in Amman mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und dem jordanischen König Abdullah II. sprechen.

Der UN-Sicherheitsrat diskutiert zugleich über einen von Neuseeland eingebrachten Resolutionsentwurf zur Wiederbelebung von Friedensgesprächen zwischen Israelis und Palästinensern. In Wien war eine weitere Spitzenrunde des Nahostquartetts (bestehend aus Russland, USA, EU und UN) anberaumt. Die internationale Diplomatie dringt gegenwärtig ganz besonders darauf, dass die Führungen beider Konfliktparteien die aufgeheizte Stimmung nicht durch gegenseitige Verleumdungen weiter anstacheln.

sti/kle (afp, ap, rtr)