Ein kleiner Baustein für den Frieden
18. April 2015Am Ende stand ein symbolischer Handschlag zwischen zwei Ex-Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik - und aus Feinden wurden Brüder: François Bozizé, der das Land bis März 2013 regierte, und Michel Djotodia, früherer Kopf der Séléka-Rebellion, die Bozizé aus dem Amt jagte, unterzeichneten am Dienstag eine gemeinsame Vereinbarung in Kenias Hauptstadt Nairobi.
Darin unterstrichen sie ihre Unterstützung des Abkommens von Brazzaville vom vergangenen Juli und ihre Teilnahme an einem für Ende April in Zentralafrikas Hauptstadt Bangui geplanten Versöhnungsforum. Der gastgebende Präsident Uhuru Kenyatta erklärte die "Friedensinitiative Zentralafrikanische Republik" feierlich für beendet. Er dankte "seinen zwei Brüdern, den ehemaligen Präsidenten" und äußerte seine Anerkennung dafür, dass beide an einem Tisch zusammengekommen seien. "Das zeigt, dass ihr gewillt seid, alles in eurer Macht Stehende zu tun, damit die Menschen der Zentralafrikanischen Republik in Frieden und Harmonie leben können."
Djotodia und Bozizé gelten als symbolische Führungsfiguren im Konflikt: Djotodia für die muslimische Rebellenallianz Séléka, Bozizé für die christlichen Anti-Balaka-Milizen. Vertreter beider Gruppen hatten bereits am 8. April ein Waffenstillstandsabkommen in Nairobi abgeschlossen. Nicht vertreten war in beiden Fällen die Übergangsregierung unter Präsidentin Catherine Samba-Panza. Die Übergangsregierung heiße den gesamten Prozess in Nairobi nicht gut, erfuhr die Deutsche Welle aus Regierungskreisen in Bangui. Eine Teilnahme Bozizés und Djotodias an dem geplanten Versöhnungsforum lehne sie ab. Das Forum in Bangui soll einen politischen Dialog ermöglichen und den Weg zu allgemeinen Wahlen ebnen, die später im Jahr stattfinden sollen.
Gerangel um die Deutungshoheit
Bemerkenswert sei vor allem, was nicht in dem Abkommen von Nairobi stehe, sagt David Smith, Zentralafrika-Experte für die südafrikanische Beraterfirma Okapi Consulting: "Darin ist keine Rede davon, dass Michel Djotodia und François Bozizé eine Kandidatur in den Präsidentschaftswahlen verwehrt bleibt." In diesem Detail liegt für Smith die ganze Bedeutung der Friedensinitiative von Nairobi: Zwei Drahtzieher des Bürgerkriegs wollen sich wieder Zugang zum politischen Prozess in ihrem Land erzwingen.
Die Rolle der Vermittler sei hierbei aufschlussreich: Neben Kenyatta, der bisher wenig zur Zentralafrikanischen Republik zu sagen hatte, stand vor allem Denis Sassou-Nguesso, der Präsident der Republik Kongo, Pate für die Verhandlungen. "Es ist kein Geheimnis, dass Sassou-Nguesso kein Fan von Übergangspräsidentin Samba-Panza ist", so Smith im DW-Gespräch. Indem er den beiden Ex-Präsidenten den Weg zurück in die aktive Politik ebne, versuche Kongos Präsident offenbar, die aktuelle Übergangsregierung zu destabilisieren.
Die Politik der Zentralafrikanischen Republik sei von jeher von außen gelenkt gewesen, sagt Smith - besonders die Nachbarländer Republik Kongo und Tschad hätten eine Rolle gespielt. Auch frühere Präsidenten hätten stets de facto nur einen kleinen Teil des Landes um die Hauptstadt unter ihrer Kontrolle gehabt. "Die Ressourcen der Zentralafrikanischen Republik wurden über Jahrzehnte von Ländern der Region ausgebeutet. Man muss sich also fragen: Hat Kenyatta einen Deal für sein Land angeboten bekommen, Geschäftsverträge oder Minenkonzessionen?"
Auf jeden Fall sicherte Kenyatta den Unterzeichnern jede mögliche Unterstützung zu. Gleichzeitig mahnte Kenias Präsident, der sich in den letzten Jahren als Gegner des Internationalen Strafgerichtshofs stilisiert hatte: "Der Frieden soll eurem Land dienen. Lasst nicht zu, dass ausländische Initiativen sich einmischen. Ihr solltet von den Interessen eures Landes und nicht anderer Länder geleitet werden." Ein Seitenhieb auf die Beteiligung der Internationalen Gemeinschaft am Übergangsprozess in Bangui.
Ein Weg zurück nach Bangui?
Die Vorbereitung der Wahlen ist derzeit wichtigstes Thema in Bangui. Das nationale Versöhnungsforum, das am 27. April stattfinden soll, ist der nächste Schritt auf diesem Weg. Die Frage, wer teilnehmen soll und wer nicht, erhitzt die Gemüter. Zur Stunde befindet sich die Übergangsregierung zu dieser Frage in Krisengesprächen. Alle müssten teilnehmen, sagte eine Passantin einem DW-Korrespondenten in Bangui: "Wir befinden uns in einem nationalen Versöhnungsprozess. Da darf niemand ausgeschlossen werden." Ein Mann pflichtet ihr bei: "Djotodia und Bozizé sind die Hauptverantwortlichen für diese Krise. Sie müssen ihre dreckige Wäsche vor den Augen der Zentralafrikaner waschen."
Auch der Oppositionelle Joseph Bendounga, ehemaliger Bürgermeister von Bangui, betont gegenüber der DW die Bedeutung eines offenen Forums. "So sehr sie sich auch vor dem zentralafrikanischen Volk schuldig gemacht haben, müssen sie im Forum doch gehört werden." Danach solle sich die zentralafrikanische Justiz ihrer annehmen. Eine politische Zukunft im Land sieht Bendounga für beide nicht: "Sie wollen ins Land zurückkehren, nachdem sie es in Brand gesteckt haben. Die Menschen Zentralafrikas haben zu sehr gelitten." Bendounga gilt selbst als Kandidat für die Präsidentschaft. Nicht kandidieren darf Catherine Samba-Panza. Das ist eine Bedingung, die an das Amt der Übergangspräsidentin geknüpft war.
Mitarbeit: Jeff Murphy Barès, Alfred Kiti, Sandrine Blanchard