Ein "Mini-Trump" kreist um das Original
5. November 2018Shenandoah Valley in Virginia, knapp drei Autostunden von Washington entfernt: Wenige Tage vor den Zwischenwahlen betritt Corey Stewart den Raum des Regierungsgebäudes von Augusta County, begleitet von Sprechchören "USA, USA". Vom Rednerpult aus, flankiert von Wahlkampfplakaten mit seinem Namen und dem Slogan "Unterstützt Trump", spricht der republikanische Kandidat für den US-Senat zu einer Gruppe von rund 100 Menschen, ausschließlich weiß, mittleren und fortgeschrittenen Alters.
Alles über die Einwanderung
In seinem Wahlkampf setzt Stewart auf dasselbe Hauptthema wie Präsident Donald Trump: die illegale Einwanderung. Und egal, worauf Stewart den Trump-Slogan "Wir müssen die Mauer bauen" bezieht - auf Einwanderung ohne Dokumente, Menschenhandel, Bandengewalt, die Opiat-Epidemie oder zu niedrige Löhne für Arbeiter -, das Publikum ist auf seiner Seite, sooft er ihn wiederholt.
Genau wie Trump beschuldigt Stewart die Demokraten, Maßnahmen im Weg zu stehen, die die Zahl der Einwanderer ohne Dokumente senken würden. Er attackiert den liberalen Milliardär George Soros für die Finanzierung sogenannter linker Demonstranten. Er lobt den umstrittenen Richter am Supreme Court, Brett Kavanaugh. Er geißelt die Demokraten für den angeblichen Versuch, die Schießerei in einer Synagoge auszunutzen, und fordert mehr bewaffnete Sicherheitsdienste vor Orten wie Schulen und Gotteshäusern.
Die "Mini-Trumps"
Nur vier Jahre nachdem Donald Trump die politische Bühne betrat, hat er die Republikanische Partei erobert und sich selbst zu ihrem Zentrum gemacht, um das sich der Rest der "Grand Old Party" (der "Großen Alten Partei") dreht. Die Kundgebung von Senatskandidat Stewart im ländlichen Virginia ist exemplarisch für den Trump-Zentrismus bei diesem Wahlkampf.
In Umfragen liegt Stewart zwar hinter dem Kandidat der Demokratischen Partei. Doch obwohl sich Stewarts frühere Ambitionen auf ein Amt in der Regierung des Bundesstaats bereits in parteiinternen Vorwahlen erledigt hatten, hat Trumps Aufstieg auch Stewart Auftrieb gegeben. Das ist besonders bemerkenswert in einem Swing-Staat wie Virginia, in dem traditionell gemäßigte Demokraten oder Republikaner mit breiter Anziehungskraft gewählt werden.
Doch derzeit ist in Virginia und anderen Teilen des Landes eine neue Riege von Republikanern - wegen ihrer Versuche, das Original nachzuahmen oft "Mini-Trumps" genannt - das Gesicht der Partei. Laut der letzten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup unterstützen 89 Prozent der Republikaner Trumps Handeln - das sind nur zwei Prozentpunkte weniger als bei seinem Allzeithoch.
Trump wählen ist eine leichte Entscheidung
"Wir könnten alle mit weniger Tweets auskommen, wir könnten alle mit weniger rohen Kommentaren auskommen, aber ich denke, er ist ein Mann, der bereit ist, zuzuhören und sich anzupassen", sagt Martha Waltz, eine pensionierte Erzieherin aus Augusta County, die Stewarts Veranstaltung besucht. "Ich war anfangs völlig gegen Trump, aber als es um die Wahl zwischen Hillary Clinton und Donald Trump ging, war die Entscheidung für mich leicht."
Viele, die an diesem Abend zusammengekommen sind, finden nicht alles gut, was Trump sagt oder tut. Aber sie sind bereit, darüber hinwegzusehen, weil sie überzeugt sind, dass er das Land wieder auf den richtigen Weg bringt.
"Die Demokraten werden zu einem Mob", sagt Jesse Hancock, ein sanftmütig wirkender Elektroingenieur im Ruhestand. "Sie kämpfen gegen Autorität. Das funktioniert in diesem Land nicht." Er räumt ein, dass Trump "eine Art kontroverse Figur" ist, aber er glaubt, dass Trump die Vereinigten Staaten wieder zu der großen Nation machen werde, die sie einmal gewesen sei, als Hancock, jetzt 83 Jahre alt, noch ein Kind war. "Ich glaube, das Land wurde auf christlichen Überzeugungen gegründet und im Laufe der Zeit haben wir uns davon abgewandt."
"Jüdisch-christliche Prinzipien"
Was allgemein als christliche Werte bezeichnet wird, ist auch ein Hauptgrund, warum Sharon Griffin, eine pensionierte Erzieherin, Trump und die Republikaner unterstützt. "Wir wollen vernünftige Einwanderung, nicht diesen Wahnsinn an der Grenze. Und wir sind für religiöse Freiheit", sagt sie. "Unter Obama ging es wirklich bergab, und es gab Feindseligkeit gegenüber Religionen, insbesondere gegenüber dem Christentum. Und das ist nicht richtig. Unser Land wurde auf Prinzipien der jüdisch-christlichen Welt gegründet und es wäre das Ende unseres Landes, wenn wir die aufgeben würden."
Wenn Stewart, der ursprünglich aus dem Bundesstaat Minnesota im Mittleren Westen stammt, in den Köpfen der Besucher seiner Wahlkampfveranstaltung nicht prominent vertreten ist, so hat dies einen einfachen Grund: Er hat sich selbst als lokale Erweiterung von Trump dargestellt. Dies ist eine Strategie, die der Präsident selbst gutheißt. Kürzlich sagte er republikanischen Wählern, sie sollten so tun, als stünde er zu Wahl.
"Ich glaube, Corey und andere Republikaner, die ich in unserer Gegend kenne, unterstützen Trumps Bemühungen, das Land wiederherzustellen", sagt Jesse Hancock. "Furchterregend wäre, wenn sich die Mehrheiten im Kongress verschieben würden", sagt Sharon Griffin. "Dann kann Trump nichts mehr erledigen. Und die Wahrheit ist, dass er Dinge erledigt hat wie ein Bulldozer. Das ist unglaublich."