Neues Zentrum gegen Geschlechtskrankheiten
3. Juni 2016Syphilis (Artikelbild) war bis Anfang des 20. Jahrhunderts eine berüchtigte und meist auch tödlich endende Krankheit. Eigentlich galt sie seit der Erfindung von Antibiotika in der entwickelten Welt schon fast als ausgerottet.
Doch "die Syphilis ist wieder zurück", mahnt Prof. Norbert Brockmeyer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für sexuell übertragbare Krankheiten (DSTIG). Im vergangenen Jahr habe es eine Zunahme von fast 20 Prozent an Neuinfektionen auf rund 6800 Fälle gegeben. Andere sexuell übertragbare Infektionen hätten ebenfalls zugenommen, ausgenommen Aids.
Ein offenes Zentrum für Betroffene
Brockmeyer möchte mehr für die Früherkennung und Prävention tun - auch als ärztlicher Leiter des neuen "Zentrums für Sexuelle Gesundheit und Medizin" in Bochum.
Es ist offen für alle und will Menschen erreichen, die Hemmschwellen haben, bei Geschlechtskrankheiten zum Arzt zu gehen. "Die Menschen kommen meist zu spät", sagt der Mediziner. Deshalb sei dieser niedrigschwellige Ansatz geschaffen worden. Betroffene können direkt von der Straße ins Zentrum gehen und um Rat fragen.
Das Zentrum beherbergt sechs Einrichtungen von der Beratung bis zur Behandlung. Das Bundesgesundheitsministerium übernimmt die wissenschaftliche Begleitung. An dem Projekt ist ein Klinikum beteiligt, aber auch Beratungsinstitutionen wie die Aids-Hilfe, die katholische Pro Familia und eine kirchlich geförderte Beratung für Prostituierte.
"Das Zentrum bietet für jeden Einzelnen für die jeweilige Situation ganz neue Möglichkeiten des Herangehens an eine medizinische, psychosoziale Versorgung und Beratung", sagt Brockmeyer.
Sorglosigkeit und ungeschützter Sex sind das Hauptproblem
Auch andere Geschlechtskrankheiten treten wieder häufiger auf, sagt der Arzt, etwa Gonokokken oder Chlamydien. Beide Bakterien können zur Unfruchtbarkeit führen. Auch humane Papillomviren, die Krebs an Geschlechtsorganen und im Gebärmutterhals erzeugen können, oder Herpes simplex machen den Medizinern Sorgen.
Gesundheitsexperten schätzen, dass das Internet vermehrt zu Bekanntschaften führt. Eine schnelle Vertrautheit verleitet dann zum Verzicht auf Kondome. Partydrogen täten ein Übriges, um die Schwelle zum ungeschützten Sex zu senken.
Derzeit ist das Zentrum in Bochum die einzige derartige Institution in Deutschland. Stellt sich heraus, dass die Kooperation in der Prävention und Behandlung Betroffener Vorteile bringt, soll das System Schule machen.