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Ein Referendum in Montenegro nach EU-Vermittlung

2. März 2006

Der Staatenbund Serbien und Montenegro wurde auf Druck der EU geboren. Bei der Formulierung des Unabhängigkeitsreferendum spielte Brüssel erneut eine Schlüsselrolle. Die Bevölkerung in Montenegro ist gespalten.

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Premier Milo Djukanovic will sein Land in die Unabhängigkeit führenBild: DW-TV

Schon vor fünf Jahren äußerte die reformorientierte Regierung in Podgorica ihren Wunsch nach staatlicher Unabhängigkeit von Serbien. Weil aber die Lage auf dem Balkan nach dem Kosovo-Krieg zu angespannt war, konnte Europa einen Zerfall der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien nicht zulassen. Auf Druck der EU wurde später ein loser Staatenbund auf Zeit geboren. Drei Jahre lang sollte Montenegro warten. Danach könne in einer Volksabstimmung über eine Abspaltung von Serbien entschieden werden, so das Abkommen, das in Brüssel ausgearbeitet wurde. Nun sind die drei Jahre um und wieder spielte die EU die Schlüsselrolle.

EU hofft auf Legitimität

Mindestens 55 Prozent der Referendumsteilnehmer müssen für die Unabhängigkeit stimmen, damit die Abspaltung gültig wird. Das hat die Europäische Union vorgeschlagen und sich dabei durchgesetzt. Der Montenegro-Gesandte der Europäischen Union, Miroslav Lajcak, begründete es in Podgorica so: "Diese Prozentzahl wurde vorgeschlagen, weil sie - davon sind wir überzeugt - am besten auf die Lage in Montenegro abgestimmt ist und dem ganzen Prozess Legitimität gibt."

Montenegro ist gespalten

Montenegro ist nämlich gespalten. Regiert wird das Land seit einem Jahrzehnt von einem prowestlichen Block unter der Führung des Premiers Milo Djukanovic. Dessen Partei und einige kleinere Parteien, die zum Teil der Regierungskoalition angehören, wollen die Unabhängigkeit. Das sind die Independisten.

Die Opposition war früher ein verlängerter Arm des serbischen Herrschers Slobodan Milosevic. Nach dem Sturz des Diktators hat sie sich teilweise reformiert und mehrmals gespalten. Sie möchte in einem Staat mit Serbien bleiben. Das sind die Unionisten.

Die Unionisten, meinen die Meinungsforscher, sind in der Minderheit. Die Independisten haben jedoch keine klare Mehrheit. Der Politologe Srdjan Darmanovic stellt fest: "Was haben wir davon, sollte das Ergebnis knapp unter 55 Prozent liegen? Eine Stärkung des Staatenbundes wird es nicht geben. Das Land bleibt also Teil des Bundes. Dann gibt es eine Entwicklung, mit der sich Brüssel befassen muss. Die haben sich das ausgedacht, nicht wir."

Brüssel und Belgrad

Die EU dürfte damit kein Problem haben. Eine Verschiebung der Entscheidung über Montenegros Status erleichtert die gerade angelaufenen Verhandlungen über den Status des Kosovo. Der Provinz wird, aller Wahrscheinlichkeit nach, in einem Jahr eine gewisse Form der Unabhängigkeit gewährt.

Für Serbien wiegt dies viel schwerer als die Abspaltung Montenegros. Gegen eine Volksabstimmung in der kleineren Republik hat Belgrad nichts anzuwenden. Gleichwohl möchte man den Staatenbund nicht auflösen. Deswegen unterstützt Serbien die montenegrinischen Unionisten.

Die Independisten haben zudem keine Mehrheit unter den ethnischen Montenegrinern. Doch werden sie von den starken Minderheiten des Landes unterstützt. Bosniaken und Albaner sind für die Unabhängigkeit. Ihre Politiker hüten sich aber der Rolle des Züngleins an der Waage.

Referendum als demokratisches Mittel

Um Probleme zu vermeiden, wollten deswegen die europäischen Außenpolitiker ein klares Volksabstimmungsgesetz mit einer klar formulierten Frage und einem fairen Wahlkampf in Montenegro haben. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Uta Zapf ist Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und Balkanexpertin: "Ein Referendum ist ein demokratisches Mittel der Menschen in Montenegro um ihre Entscheidung in die eigene Hand zu nehmen. Und darum muss man die Bedingungen so machen, dass sie nicht hinterher für verschiedene Interpretationen geöffnet werden."

Die montenegrinischen Parteien haben sich auf den EU-Vorschlag geeignet. Die knapp 450.000 Montenegriner werden nun ihre Stimme abgeben können.

Filip Slavkovic
DW-RADIO/Serbisch, 2.3.2006, Fokus Ost-Südost