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Ein Religionsführer als Faustpfand

26. Januar 2010

Als Indien dem Dalai Lama 1959 Asyl gewährte, wusste die Regierung, dass das die Verbindungen zu China belasten würde. Die tibetische Exilregierung ist ein wichtiges Faustpfand im angespannten Verhältnis zu China.

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Der Dalai LamaBild: AP

Ob ihr der Gast wirklich willkommen war, wusste Indiens Regierung wohl selbst nicht so genau. Als der Dalai Lama 1959 aus Tibet ins Nachbarland Indien floh, brachte ihm die Bevölkerung viele Sympathien entgegen. Die Regierung sicherte ihm Asyl zu, Premierminister Pandit Nehru begrüßte ihn persönlich. Doch Nehru fürchtete auch die Auswirkungen, die der prominente Gast auf die Beziehungen zum Nachbarland China haben werde. Er hoffe, dass sich Tenzin Gyatso, wie das geistliche Oberhaupt der Tibeter mit bürgerlichem Namen heißt, aus der Politik fernhalte, mahnte er und erlaubte ihm, sich in dem Gebirgsstädtchen Dharamsala niederzulassen, fernab des politischen Zentrums Neu-Delhi. Nehru verhinderte allerdings nicht, dass der Dalai Lama dort eine Exilregierung gründete – eine Provokation für die Chinesen.

Krieg und Verhandlungsmacht

Während die beiden Staaten bis Mitte der fünfziger Jahre noch euphorisch die gegenseitige Freundschaft beschworen hatten, wurden später zunehmend zu Rivalen. Beide beanspruchten die Wortführerschaft in der Dritten Welt. Ab dem Beginn der sechziger Jahre verschlechterten sich die Beziehungen schnell. Grenzstreitigkeiten führten 1962 zum bewaffneten Konflikt zwischen den beiden Ländern. Erst da wurde die Regierung in Neu Delhi deutlicher in ihrer Unterstützung für die Tibeter, betonte aber gleichzeitig immer wieder, dass es Tibet als Teil Chinas betrachte. Selbst in der konfliktreichsten Zeit achtete Indien immer darauf, sich durch die Exil-Tibeter nicht die Agenda bestimmen zu lassen.

Zwischen Unterstützung und Verbot

Seit Mitte der achtziger Jahre nähern sich beide Länder wieder an. Seitdem achtet Neu-Delhi noch stärker darauf, dass die Duldung der Exil-Regierung nicht als Unterstützung gedeutet wird. So wies die Regierung ihre Vertreter in Norwegen 1989 an, nicht zur Preisverleihung zu erscheinen, als der Dalai Lama mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde. Immer wieder geht die indische Regierung auch gegen Demonstrationen radikaler Tibeter vor. Doch so sehr Indien sich auch bemüht, den Nachbarn nicht durch allzu offensichtliche Unterstützung des Dalai Lama zu brüskieren, weiß die Regierung in Neu-Delhi auch, wie sehr sie Peking unter Druck setzen kann, wenn sie die Tibeter gewähren lässt.

Autor: Mathias Bölinger
Redaktion: Silke Ballweg