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Ein Schritt vor und zwei zurück?

Stephan Hille22. Juli 2003

Der Konflikt zwischen dem mächtigen und angesehenen russischen Ölkonzern Jukos und der russischen Staatsanwaltschaft schlägt immer höhere Wellen. Es geht, unter anderem, um die Frage wer welche Leichen im Keller hat.

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Mit scharfen Tönen warnte der bedrängte Jukos-Chef und reichste Russe Michail Chodorkowski vor einem Rückfall Russlands in den Totalitarismus. Derweil weitete die russische Staatsanwaltschaft ihre vor drei Wochen begonnenen Untersuchungen gegen den Ölgiganten weiter aus. Neben dem Vorwurf der Unterschlagung von Staatsgeldern, der Steuerhinterziehung prüfen die Staatsanwälte nun, ob der Konzern womöglich in einige Mordfälle der 1990er Jahre verwickelt ist.

Skrupelloser Raubtierkapitalismus

Dass die Privatisierung der Filetstücke der einstigen Staatsbetriebe alles andere als sauber und getreu den Gesetzen verlief, ist kein Geheimnis. Im Raubtierkapitalismus der 90er Jahre zimmerten Russlands Oligarchen mit undurchsichtigen und häufig skrupellosen Methoden im Rekordtempo ihre Imperien im Rohstoff- und Energiesektor. Kaum einer unter den russischen Industriekapitänen, bei dem sich nicht, wenn man nur lang genug suchen würde, irgendeine Leiche im Keller finden ließe.

Doch im Jahr 2000 schloss Russlands neuer Präsident Wladimir Putin gleich nach seiner Wahl einen halboffiziellen Deal: Man lässt die schmutzige Vergangenheit ruhen, dafür verzichten die Oligarchen auf die Einmischung in die Kreise des Kremls.

Handfestes Sommertheater

Ein knappes halbes Jahr vor den Parlamentswahlen im Dezember hat der Jukos-Chef diesen Burgfrieden - zumindest aus Sicht des Kremls - gebrochen. Schließlich kündigte Chodorkowski an, die beiden liberal-oppositionellen Parteien "Union der rechten Kräfte" und "Jabloko" mit Wahlspenden aus der milliardenschweren Privatschatulle zu unterstützen.

Die Ermittlungen der Staatsanwälte sind als Breitseite und politischer Warnschuss gegen Chodorkowski zu verstehen - darin sind sich die russischen Medien einig. Die Affäre hat sich inzwischen zu einem handfesten Sommertheater ausgeweitet. Die Geschäftswelt ist schockiert, der bislang boomende russische Aktienindex fällt. Der Ausgang ist offen, doch schon jetzt ist klar, dass Präsident Putin genau das aufs Spiel setzt, woran er bislang gearbeitet hat: Russland zu einem wirtschaftlich stabilen, rechtssicheren und investitionsfreundlichen Land zu machen.