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"Ein Stück Weltkulturerbe ist verloren"

7. September 2004

Ein Brand in der weltberühmten Weimarer Anna-Amalia-Bibliothek hat unersetzbare Buchbestände vernichtet. Die Ursache für den Großbrand blieb zunächst unklar.

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Der Rokokosaal der BibliothekBild: dpa

Der Brand in der zum Weltkulturerbe gehörenden Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar hat einen unermesslichen
Schaden verursacht und zehntausende wertvolle Bücher vernichtet. "Wir fürchten, dass bis zu 30.000 Bände aus dem 16. bis 18. Jahrhundert vernichtet wurden", sagte der Präsident der Stiftung Weimarer Klassik, Hellmut Seemann, am Freitag (3.9.2004). Etwa 40.000 historische Bücher seien durch Rauch und Wasser beschädigt.

Brand in der Anna Amalia Bibliothek in Weimar
Löscharbeiten am Dachstuhl der BibliothekBild: AP

Noch immer schwelten Glutnester, der einzigartige Rokokosaal in dem mehr als 400 Jahre alten Gebäude war stark einsturzgefährdet. Kulturstaatsministerin Christina Weiss ist am Freitag nach Weimar gereist. Sie habe mit
Erschütterung auf die Nachricht reagiert und alle Termine abgesagt, teilte das Bundespresseamt mit. "Das literarische Gedächtnis Deutschlands hat schweren Schaden genommen", sagte Weiss vor dem Abflug. "Ein Stück Weltkulturerbe ist unwiderbringlich verloren."

Unglücksursache unklar

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus sicherte Soforthilfe zu. Er sprach von "nicht wieder gut zu machenden Schäden durch eine verheerende Brandkatastrophe". Das Feuer hatte den Dachstuhl des "Grünen Schlosses" am
Donnerstagabend fast völlig vernichtet.

Die Brandursache war unklar, es wird jedoch über einen Elektroschaden spekuliert. "Uns war die Gefahr immer bewusst", sagte Bibliotheksdirektor Michael Knoche. Das Tragische sei, dass in fünf Wochen alle Bücher umziehen sollten.

Das 1565 errichtete Schloss beherbergt einen Bestand von rund einer Million Büchern, darunter die größte "Faust"-Sammlung der Welt. Etwa 500 Menschen waren in der Nacht im Einsatz. Zwei Feuerwehrleute erlitten eine Rauchgasvergiftung. Mit Hilfe einer Menschenkette wurden rund 120.000 Bücher in Sicherheit gebracht. Die Helfer räumten den Rokokosaal, das Glanzstück des Gebäudes. Die wertvolle Musikaliensammlung und Teile der Sammlung des ersten Weimarer Bibliothekars Daniel Schurzfleisch wurden vermutlich vernichtet. Dagegen konnte die Bibelsammlung mit einer Luther-Bibel von 1534 gerettet werden.

Die "Wiege der Klassik"

Die Bibliothek ist nach Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach benannt, die Mitte des 18. Jahrhunderts das so genannte Grüne Schloss zur Bibliothek im Rokoko-Stil umgestalten ließ. Das Schloss war das bereits im 16. Jahrhundert von Renaissance-Baumeister Nicol Gromann erbaut worden. Die Bibliothek wurde 1691 gegründet. Von 1761 bis 1766 wurde das Grüne Schloss unter der Herzogin Anna Amalie zum Bibliotheksgebäude umgestaltet. Die auf Johann Wolfgang Goethe zurückgehende Bibliothek gilt als "Wiege der deutschen Klassik" und beherbert rund eine Million historisch wertvollen Büchern, darunter die größte "Faust"-Sammlung der Welt, Erstausgaben der Klassiker Schiller, Herder, Wieland sowie 10.000 Shakespeare-Bände.

Der Bau liegt in Nachbarschaft zum Goethehaus, dem ehemaligen Wohnhaus des Dichters, im Stadtzentrum von Weimar am Rande eines Parks. Herzstück ist der prunkvolle Rokoko-Saal, der über Geschosse reicht. Die Bibliothek gehört zu den Bauten aus der Zeit des klassischen Weimar, die in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurden. Das Stammhaus der historischen Bibliothek sollte in den kommenden Jahren für acht Millionen Euro saniert werden. (kas)