Eine Burg wie aus dem Mittelalter
5. Mai 2021Es herrscht reges Treiben auf der Baustelle von Guédelon. An allen Ecken und Enden wird gehämmert, gesägt und gewerkelt. Hier soll schließlich eine ganze Burg entstehen - eine Burg, wie sie im Mittelalter ausgesehen hätte. Umgeben von einer Festungsmauer, mit Wachtürmen und einem Burggraben. Doch wenn man genauer hinschaut, erkennt man: Nicht nur soll der Bau wirken wie dem Mittelalter entsprungen, auch die Handwerkstechniken, die hier zum Einsatz kommen, sind alles andere als modern.
Lernen von der Vergangenheit
Es ist eines der wohl ungewöhnlichsten Bauprojekte in ganz Europa. Die Burg Guédelon nahe der französischen Gemeinde Treigny entsteht ausschließlich mit Methoden und Materialien, die schon im frühen 13. Jahrhundert bekannt waren. So wird jeder Stein für den Bau im nahe gelegenen Steinbruch geschlagen und dann von Steinmetzen in Handarbeit in die richtige Form gebracht. Jeder einzelne Nagel und jedes Werkzeug wird vor Ort mit traditionellen Mitteln geschmiedet. Und in der Farbwerkstatt werden selbst die Pigmente zum Bemalen der Wände direkt aus Erde und gemahlenem Gestein gewonnen. Für die rund 40 Handwerker eine oft anstrengende und vor allem zeitintensive Arbeit. Kein Wunder, dass schon seit 1997 gebaut wird - und ein Ende ist noch nicht in Sicht.
Bauen im Mittelalter - ein Knochenjob
Die außergewöhnliche Baustelle ist inzwischen ein Besuchermagnet. Auch DW-Reporter Hendrik Welling wollte sich die Burg aus nächster Nähe ansehen. Für die Reihe "Europa maxximal" im Kultur- und Lifestyle-Magazin "Euromaxx" ist er nach Treigny im Herzen Frankreichs gereist. Dort hat er sich das ungewöhnliche Projekt nicht nur zeigen lassen, sondern gleich tatkräftig mit angepackt - vom Schlagen der Steine über deren mühseligen Transport bis hin zum Decken des Kapellendachs. Erleben Sie seinen kräftezehrenden Einsatz in unserem Video.
Einblicke in eine längst vergangene Zeit
Der Bau von Guédelon bedeutet einen enormen Aufwand - doch der lohnt sich. Denn das Projekt verfolgt auch einen wissenschaftlichen Ansatz. Historiker und Archäologen waren von Anfang an ebenso beteiligt wie Architekten. Durch den Bau wurden viele in Vergessenheit geratene Techniken wiederentdeckt. Und die zahlreichen Touristen, die die Baustelle besuchen, können hier förmlich in die Welt des Mittelalters eintauchen. Ihre Eintrittsgelder finanzieren das ambitionierte Vorhaben zum größten Teil. Wer will, kann in Guédelon für ein paar Tage als freiwilliger Helfer anheuern - und so einen eigenen kleinen Beitrag leisten zum größten mittelalterlichen Burgbauprojekt Europas.
Service-Tipps:
Adresse: Guédelon, 89520 Treigny, Frankreich
Anreise: Guédelon liegt knapp zehn Kilometer vom Ort Treigny entfernt an der D955. Der nächstgelegene Bahnhof ist Cosne-sur-Loire. Von dort ist es eine halbe Stunde mit dem Auto bis zur Baustelle.
Öffnungszeiten: Mitte Mai – Anfang November
Eintritt: 14,- EUR
Der besondere Tipp: Wer freiwillig auf der Baustelle mitarbeiten will, muss sich vorher bewerben und sollte Französisch sprechen.
Das Buch zur Reihe
Europa von seiner extremen Seite: Die Reihe "Europa maxximal" im Lifestyle- und Kulturmagazin "Euromaxx" macht europäische Superlative erlebbar – von außergewöhnlicher Architektur über spektakuläre Landschaften bis hin zu einzigartigen kulturellen Phänomenen. Begleitend zur Reihe erscheint das Buch "111 extreme Orte, die man gesehen haben muss" in Kooperation mit dem Emons Verlag. Ein alternativer Reiseführer, informativ und unterhaltsam zugleich. Für Reiselustige, Europa-Fans und alle, die gerne mit ausgefallenem Partywissen angeben. Rekordverdächtig gut!