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Eine Drohne für Europa

Sven Pöhle20. Mai 2014

Drei europäische Rüstungskonzerne werben für ein neues Drohnenprojekt. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bremst den Vorstoß vorerst aus. Denn die Debatte um die Drohnen ist heikel.

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Ein Bild des geplanten europäischen Drohnenprojektes MALE2020 (Foto: DW)
Bild: DW

Ursula von der Leyen bremst die europäische Rüstungsindustrie: "Es gibt zur Zeit keinen Entscheidungsdruck", sagte die Bundesverteidigungsministerin am Montag (19.05.2014) in Berlin. Gemeint ist die mögliche Anschaffung einer europäischen Drohne.

Dafür werben drei europäische Rüstungskonzerne in einem gemeinsamen Vorstoß für ein eigenes Drohnenprojekt: MALE2020 heißt das Angebot von Airbus Defence and Space, dem französischen Unternehmen Dassault Avignon und Alenia Aermacchi aus Italien. Hinter der Abkürzung steht der Plan für ein unbemanntes Flugsystem (UAS) für mittlere Flughöhe und lange Flugdauer (Medium Altitude, Long Endurance). Bis zu 15.000 Meter hoch soll die neue Drohne fliegen und bis zu 24 Stunden in der Luft sein können.

Bei den Streitkräften bestehe "ein eindeutiger Bedarf", warb der Vorstandschef der Rüstungssparte von Airbus, Bernhard Gerwert, für das Projekt. In einer zweijährigen Definitionsphase wollen die Konzerne mit den Regierungen die Finanzierung klären und die Frage, ob die Drohne bewaffnet werden soll. Danach solle die endgültige Entscheidung zur weiteren Entwicklung des Systems erfolgen, hieß es.

Gewert stellte eine "kostengünstige und zulassungsfähige" Drohne für das Jahr 2020 in Aussicht. Man werde die Gespräche mit den Verteidigungsministerien fortsetzen und sei zuversichtlich, "in Kürze den nächsten Schritt zu tun", so Gerwert. Den "nächsten Schritt" verschob die Ministerin auf den 30. Juni. Dann debattiert der Verteidigungsausschuss des Bundestags in einer öffentlichen Anhörung über das Thema Drohnen.

Neuer Anlauf für eine europäische Drohne

Derzeit verwendet die Bundeswehr bereits verschiedene Aufklärungsdrohnen. Mittelfristig brauche Deutschland neue Systeme, sagt der Rüstungsexperte Christian Mölling von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Im Moment sei man zwar militärisch im Bereich der Aufklärungsfähigkeit gut ausgestattet, die industrielle Entwicklung einer neuen Generation von Drohnen brauche aber Zeit. "Daher ist es nun dringend an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen, ob wir diese Drohnen haben wollen und wie wir sie in Zukunft haben wollen."

Die Idee einer gemeinsamen europäischen Drohne ist nicht neu. Die drei Rüstungskonzerne hatten bereits im Sommer 2013 offen über einen Einstieg in das milliardenschwere Geschäft nachgedacht. Eine Entscheidung von deutscher Seite wurde damals wegen der bevorstehenden Bundestagswahl verschoben.

Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD im Herbst 2013 darauf hingewiesen, dass die Bundeswehr künftig auf Drohnen angewiesen sei und vereinbart, "eine europäische Entwicklung für unbemannte Luftfahrzeuge voranzubringen". Der Verhandlungsführer der SPD, Frank-Walter Steinmeier, - inzwischen Außenminister - hatte damals allerdings erklärt, er gehe bei der Frage nach der Anschaffung von Kampfdrohnen nicht von einer Entscheidung in dieser Legislaturperiode aus.

Ursula von der Leyen sieht sich im Kosovo eine Mikado-Aufklärungsdrohne an (Foto: Maurizio Gambarini/dpa)
Bislang hat Ursula von der Leyen zum Thema Drohnen nicht eindeutig Stellung bezogenBild: picture-alliance/dpa

Debatte um Kampfdrohnen für Deutschland

Dass Ursula von der Leyen das Thema Drohnen bisher meidet, ist kein Zufall. Ihren Amtsvorgänger Thomas de Maizière hatte dieAufklärungsdrohne Euro Hawk, die Airbus gemeinsam mit dem US-Konzern Northrop-Grummand entwickelte, fast den Posten gekostet. Im vergangenen Sommer stoppte er das Projekt wegen Problemen bei der Zulassung für den deutschen Luftraum und einer drohenden Kostensteigerung.

Mit der Debatte über die Anschaffung von Drohnen geht auch immer die Diskussion einher, ob diese bewaffnet werden. Die MALE2020-Drohnen könnten bei Bedarf nachgerüstet werden. Die Luftwaffe spricht sich grundsätzlich für die Anschaffung bewaffneter Drohnen aus. Auch von der Leyens Vorgänger de Maizière hatte sich mehrfach dafür eingesetzt.

Die verteidigungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Christine Buchholz, kritisierte das. Die Mehrheit der Bevölkerung wolle keine Kampfdrohnen, heißt es in einer Pressemitteilung. Doch Airbus Defense fordere neue Steuermilliarden dafür ein und "Ministerin von der Leyen schweigt offiziell, während ihr Ministerium im Hintergrund bereits den Auftrag für eine Musterprüfung zur Beschaffung ausländischer Kampfdrohnen erteilt hat". Das Verteidigungsministerium dementierte, dass es konkrete Absprachen mit der Industrie zu dem Drohnenprojekt gebe.

Eine Drohne vom Typ 'Heron 1' steht bei der ILA in Berlin auf einer Landbahn (Foto: Imago)
Die Bundeswehr hat derzeit israelische Aufklärungsdrohnen vom Typ Heron im EinsatzBild: imago

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Hans-Peter Bartels (SPD), befürwortet prinzipiell die Entwicklung europäischer Aufklärungsdrohnen. Dies sei besser, als sich auf Käufe aus den USA oder anderen Ländern verlassen zu müssen. Bei der Frage nach einer Bewaffnung der Drohnen sei aber zu klären, "welche völkerrechtlichen Aspekte, welche militärischen Szenarien und welche politischen Implikationen der Einsatz von bewaffneten Drohnen hat", sagt er im Gespräch mit der DW. Er sei solchen Luftfahrzeugen gegenüber skeptisch: "Mir hat bisher noch niemand sehr plausibel machen können, welches militärische Szenario denn eigentlich den Einsatz von bewaffneten Drohnen in klassischen Konflikten vorteilhaft macht."

Am Mittwoch (21.05.2014) besucht die Bundesverteidigungsministerin die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin. Ob sie auch dort um das Thema Drohnen einen Bogen macht oder sich bereits existierende Drohnen wie die "Heron TP" aus Israel und die "Predator" aus den USA anschauen wird, ist noch unklar.