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Eine Fiskalunion zum Selbstbasteln

Zhang Danhong4. Dezember 2013

Der Euro war eine Frühgeburt. Er sollte erst kommen, wenn es eine politische Union gibt. Nun ist der Euro längst da, und die politische Union nicht in Sicht. Muss er deswegen scheitern?

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Die Fahne der Europäischen Union (EU) spiegelt sich in einer Euro-Münze (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Altkanzler Helmut Kohl, einer der Väter des Euro, wollte keine Währungsunion ohne politische Union. Mit dieser Idee konnte er sich in Europa nicht durchsetzen - aus guten Gründen, meint Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Als Beispiel nennt er das Nichtvorhandensein einer europäischen Öffentlichkeit und die Schwierigkeit der demokratischen Legitimation. Auf absehbare Zeit wird das Projekt einer politischen Union kaum vorankommen, "zumindest nicht in der Form, dass wir eine europäische Föderation im wahrsten Sinne des Wortes haben", orakelt IW-Direktor Hüther auf dem 12. Finanzmarkt-Round-Table vom IW und der DekaBank in Frankfurt.

"Und die Frage stellt sich natürlich: Kann man dann eine Währungsunion unterhalten?", sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Beide Experten beantworten diese Frage mit einem "Ja". Entscheidend für das Funktionieren einer Währungsunion sei nicht die politische Union, zumindest vorerst nicht, sondern eine Fiskalunion.

Eine zentrale Fiskalebene

"Eine Fiskalunion zeichnet sich dadurch aus, dass es eine starke fiskalische Ebene gibt. Das ist bei allen erfolgreichen Währungen der Fall", sagt Ulrich Kater. In den USA und in Deutschland liege die Aufteilung von Bund- und Länderfinanzen bei 60 zu 40. In der Schweiz sei es ähnlich. Diese zentralen Finanzebenen sorgten dafür, dass die regionalen Ungleichgewichte gar nicht mehr auffielen.

Dr. Ulrich Kater auf dem 12. Finanzmarkt-Round-Table vom IW und der DekaBank (Foto: DW)
Ökonomen haben für Währungsunionen nicht viel übrig, sagt Ulrich KaterBild: DW/Z. Danhong

"Es ist in Deutschland zwar eine Frage, ob Banken gerettet werden sollen. Es ist aber nicht die Frage, ob das Geld aus der nördlichen, der südlichen, der westlichen oder der östlichen Region des Staates kommen soll", so Kater. Anders in der Europäischen Währungsunion. Hier machten die Brüsseler Finanzen nur 3,5 Prozent der öffentlichen Mittel in Europa aus, der Rest liege bei Nationalstaaten, und das werde sich auch so schnell nicht ändern. Was nun?

Fiskalunion made in Europe

Wie in den vergangenen Jahrzehnten erweisen sich die Europäer auch in dieser Krise als einfallsreich. Sie basteln sich einfach eine Fiskalunion in den gegebenen Strukturen. Sie haben einen dauerhaften Rettungsschirm aufgespannt und bauen gerade eine Bankenunion auf. Wenn alle Stricke reißen, steht noch die Europäische Zentralbank als die letzte Instanz bereit, deren Etat unbegrenzt ist. Das hat die Finanzmärkte beruhigt und die Eurokrise eingedämmt.

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"Es sind Schattenhaushalte, eine Imitation einer zentralen Finanzebene, die demokratisch kaum legitimiert ist", sagt Kater von der DekaBank. Daraus ergeben sich seiner Meinung nach für die Zukunft der Währungsunion zwei Szenarien. Im ersten werden diese zentralen, fiskalischen Ebenen zunehmend demokratisch legitimiert. Das Gebilde entwickelt sich immer mehr zugunsten der zentralen Lösungen bis hin zu einer politischen Union. Alle Länder bleiben dabei. In der Zeit werden die Haushalte in den Euro-Ländern saniert und die Wettbewerbsfähigkeit wird gestärkt. Hier lauert die Gefahr, dass die Länder in ihrem Reformeifer nachlassen.

Auch ein Ende der Währungsunion ist wahrscheinlich

Das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen in Deutschland lasse hier nichts Gutes ahnen. "Denn wenn der Hauptakteur, so wird die Bundesregierung immer wahrgenommen, Reformen fordert und selbst diese Rolle nicht mehr erfüllen kann, dann ergibt sich hier noch ein Problem", sagt Michael Hüther. Andere Länder würden erst recht die Hände in den Schoß legen und hoffen, dass alles von alleine läuft oder dass die EZB es schon irgendwie richten wird.

Prof. Michael Hüther auf dem 12. Finanzmarkt-Round-Table vom IW und der DekaBank (Foto: DW)
Michael Hüther kann in den Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen wenig Positives erkennenBild: DW/Z. Danhong

Das würde dann das zweite Szenario wahrscheinlicher machen, bei dem an den Wahlurnen gegen die Zentralisierung entschieden wird und Austritte aus der Währungsunion folgen. Dann bricht das ganze Gebilde wie ein Kartenhaus zusammen. Das würde immense Kosten verursachen, dürfe aber nicht tabuisiert werden, meint Ulrich Kater. Die Politik müsse entscheiden, wie die Staaten in Europa miteinander in Verbindung stehen sollen. "Und wenn die Entscheidung dahingehend lautet, dass man eine weitere politische Integration nicht vorhat, dann muss man über Wege nachdenken, wie das Projekt Währungsunion zu beenden ist", sagt Kater im Gespräch mit der DW. Denn eine Währungsunion ohne ein Mindestmaß an politischer Integration werde nicht funktionieren.