Umweltschutz - eine lebensgefährliche Aufgabe
3. März 2017Die Täter kamen im Morgengrauen: Mehrere Maskierte drangen am 3. März 2016 in das Haus von Berta Cáceres in La Esperanza ein und erschossen die prominente Umweltaktivistin. Viele ihrer Anhänger glauben an einen Auftragsmord, weil sich Cáceres gegen ein umstrittenes Wasserkraftprojekt im Nordwesten von Honduras engagierte. Die 42-Jährige hatte als Koordinatorin der Indigenen-Organisation COPINH gegen den Bau eines Staudamms am Río Gualcarque gekämpft, der starke Eingriffe in den traditionellen Lebensraum der indigenen Einwohner vom Volk der Lenca mit sich bringen würde.
Der Mord an der vierfachen Mutter sorgte weltweit für Entsetzen. Doch auch ein Jahr nach ihrem gewaltsamen Tod herrscht immer noch Ungewissheit - sowohl was die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft angeht, als auch über den Fortgang des Wasserkraftprojektes "Agua Zarca".
Acht Verdächtige sind bisher festgenommen worden, darunter auch mehrere ehemalige und aktive Militärangehörige und Angestellte der honduranischen Energiefirma DESA, die den Staudamm bauen will. Doch darüber hinaus gelangen nur wenige Informationen an die Öffentlichkeit. "Das Verhalten der honduranischen Regierung lädt nicht gerade dazu ein, an eine wirkliche Aufklärung des Falles zu glauben", sagt der mexikanische Umweltaktivist und einzige Augenzeuge des Mordes, Gustavo Castro Soto.
"Gefährlichstes Land der Welt"
Der Mord an Berta Cáceres ist kein Einzelfall. Immer wieder werden Umweltaktivisten in Honduras umgebracht. Erst vor wenigen Wochen hat die internationale Nichtregierungsorganisation "Global Witness" eine neue Studie veröffentlicht, die Honduras zum "gefährlichsten Land der Welt für Umweltaktivisten" erklärt. Laut Recherchen der Organisation sind seit 2010 mehr als 120 Menschen ermordet worden, weil sie sich für die Umwelt eingesetzt hatten. Auch in den Reihen von COPINH war Berta Cáceres zwar das prominenteste, aber längst nicht das einzige Opfer - allein im vergangenen Jahr wurden neben ihr mehrere weitere Mitglieder der Indigenen-Organisation umgebracht.
Der Vorwurf steht im Raum, dass die honduranische Regierung bei den Morden eine Rolle spielt. Auch Berta Cáceres hatte offenbar diesen Verdacht. Drei Jahre vor ihrem Tod sagte sie dem Sender Al Jazeera, dass es bei der honduranischen Armee eine Todesliste mit den Namen von 18 Menschenrechtsaktivisten gebe - mit ihrem Namen an der Spitze: "Wenn sie mich töten wollen, dann werden sie es tun." Ein honduranischer Ex-Militär hatte diesen Verdacht im Juni 2016 gegenüber der britischen Tageszeitung "The Guardian" bestätigt.
Finanzierungshilfe aus Europa
Das umstrittene Wasserkraftprojekt "Agua Zarca" war auch durch die Co-Finanzierung der europäischen Entwicklungsbanken FMO (Niederlande) und Finnfund (Finnland) zustande gekommen. Als Zulieferer der Turbinen war das deutsche Unternehmen Voith Hydro beteiligt, an dem Siemens eine Minderheitsbeteiligung hält. Nach dem Mord an Cáceres setzten die europäischen Geldgeber sowie Voith Hydro ihre Zusammenarbeit mit der honduranischen Projektgesellschaft DESA vorerst aus.
Häufig sind es europäische Geldgeber und Unternehmen, die konfliktreiche Projekte wie "Agua Zarca" durch ihre Unterstützung erst ermöglichen. So beschuldigen die Nichtregierungsorganisationen "Gegenströmung" und Oxfam Deutschland in einem gemeinsamen Bericht vom Mai 2016 die Unternehmen Siemens und Voith Hydro, gegen die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verstoßen zu haben. Begründung: eine menschenrechtliche Analyse zum Wasserkraftprojekt "Agua Zarca" sei nicht durchgeführt worden.
Aufarbeitung dank Präsidentenwahl?
Die beschuldigten Unternehmen weisen jede Verantwortung von sich - alle notwendigen Bewertungen und Genehmigungen hätten zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung vorgelegen, so der Turbinenhersteller Voith. Die mögliche Wiederaufnahme der Lieferungen wolle das Unternehmen vom weiteren Verlauf und den Ergebnissen der Ermittlungen im Mordfall Cáceres abhängig machen.
Allerdings könnte die Präsidentenwahl in Honduras im kommenden November der juristischen Aufarbeitung des Mordes neuen Auftrieb geben. "Die Regierung wird versuchen, den Prozess noch vor dem Wahlkampf zu Ende zu bringen", meint Stefan Ofteringer, Menschenrechtsberater bei Misereor. "Sie wird alles dafür tun, ein hartes Urteil gegen einen oder mehrere der acht Verdächtigen zu erreichen." Die Hintermänner des Mordes sind jedoch nach wie vor nicht gefasst - und wenig deutet darauf hin, dass sich daran in den kommenden Monaten etwas ändern könnte.