Heimsieg gegen den akustischen Orkan
20. Februar 2018"Tagelanges Ohrensausen" hatte Karl-Heinz Rummenigge nach dem letzten Auftritt des FC Bayern bei Besiktas Istanbul, "wie nach einem Rolling-Stones-Konzert". Das war 1997. Weil die Arena des Bayern-Gegners im Achtelfinale der Champions League auch heute noch als die lauteste in der gesamten Fußball-Welt gilt, heißt es schon im Hinspiel an diesem Dienstagabend in München (20:45 Uhr MEZ im DW-Liveticker), sich ein bequemes Polster zu schaffen für die Reise in die Türkei in drei Wochen.
Aber es ist nicht nur der Lärmpegel, der den Bayern zu denken gibt vor ihrem Auftritt in der Türkei. Abwehrspieler Mats Hummels spricht ehrfurchtsvoll von einer "europäischen Topmannschaft mit großen Namen". Die allerdings haben größtenteils ihren Leistungszenit schon überschritten. Der Niederländer Ryan Babel ist 31, die portugiesischen Europameister Pepe und Ricardo Quaresma sind 34, der Brasilianer Vagner Love ist 33 und der Spanier Alvaro Negredo bringt es auf 32 Lenze. Dirigiert von Senol Günes, 65, den Jupp Heynckes einen "absoluten Toptrainer".
Rentnerband auf Rang vier
Erfahrung sollte also genügend vorhanden sein, um die Bayern auf dem Weg zum Triple vor Probleme zu stellen. Wobei vom Triple keine offiziell sprechen möchte in München. Aber Fakt ist: Die Meisterschaft ist ihnen nicht mehr zu nehmen, sie stehen im Pokal-Halbfinale und auch in der Champions League läuft es, seitdem Heynckes das Ruder nach der 0:3-Pleite in der Gruppenphase vom glücklosen Vorgänger Carlo Ancelotti übernommen hat. "Think big" war schon immer die Devise beim deutschen Rekordmeister, und so muss auch der Europäische Klubtitel ganz automatisch auf der To-do-Liste stehen.
Ganz objektiv betrachtet hat der FCB auf seinem Weg ins Finale am 26. Mai in Kiew mit Besiktas das wohl leichteste Los erwischt. Auch wenn die Türken in der Vorrunde RB Leipzig immerhin zweimal besiegten, auch wenn sie als Gruppenerster weiterkamen. Die türkische Liga sucht international immer noch den Anschluss an die Großen Fünf, und in der Liga liegen die Schwarz-Weißen momentan nur auf dem vierten Rang.
Luxusproblem: Fast alle sind fit
Bayern-Trainer Heynckes kann am Dienstag fast aus dem Vollen schöpfen. Von den Stars fehlt nur weiter Torwart Manuel Neuer, der seine Fußverletzung immer noch nicht auskuriert hat. Ansonsten herrscht vor allem im Mittelfeld und im Angriff großes Gedränge. Gut möglich, dass selbst einige der Topstars wie Thomas Müller, James Rodriguez, Franck Ribery oder Arjen Robben auf der Bank landen werden.
Neben der fußballerischen Qualität seiner Spieler setzt Heynckes dabei auf den Mannschaftsgeist und auf den Charakter seiner Profis: "Sie haben immer Hunger auf Erfolg. Wir glauben bis zur letzten Sekunde an uns", sagt der 72-Jährige, der derzeit öfter als ihm lieb ist auf das Triple im Jahr 2013 angesprochen wird, als er auch auf der Bank der Bayern saß. Urgestein Müller fasst die Stimmung in zwei Worten zusammen: "geile Mannschaft".
Nun gilt es, das auch auf dem Platz zu beweisen. "Einen Sieg ohne Gegentor", wünscht sich Rummenigge, Heynckes will mit einer "Topleistung den Grundstock" legen fürs Weiterkommen - und damit den Hexenkessel von Istanbul gar nicht erst in Stimmung bringen. Ansonsten gibts dort, weiß Rummenigge, "einen gewaltigen, akustischen Orkan".