EKD bekommt Anlaufstelle für Missbrauchsopfer
11. Juni 2019Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) richtet eine zentrale Anlaufstelle für Missbrauchsopfer ein. Ab Juli können sich Betroffene an die unabhängige "Zentrale Anlaufstelle.help" wenden, wie die EKD bei einem Expertentag zum Thema Missbrauch mitteilte. Damit werde ein Anliegen umgesetzt, "dessen Dringlichkeit uns Betroffene immer wieder eindrücklich geschildert haben", erklärte die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs.
Die dezentralen Strukturen in der evangelischen Kirche hätten es bislang erschwert, die richtigen Ansprechpartner zu finden. Diese Hürde solle mit der neuen Anlaufstelle wirksam abgebaut werden. Die EKD schloss dafür einen Vertrag mit der Fachberatungsstelle "Pfiffigunde Heilbronn". Betroffenen stehen dort künftig geschulte Fachkräfte für Beratungsgespräche zur Verfügung.
Landeskirchen kümmern sich um Entschädigungen
Eine allgemeine Entschädigungsregelung für Betroffene plant die EKD hingegen nicht. "Das Thema Entschädigungen muss jede Landeskirche selber regeln", sagte Oberkirchenrat Nikolaus Blum. Das heiße nicht, dass keine Entschädigungen vorgesehen seien. Die bayerische Landeskirche habe bereits mehr als eine halbe Million Euro an Betroffene gezahlt.
Erst im vergangenen Herbst hatte die EKD eine zentrale Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch beschlossen. Die katholische Kirche tut dies seit 2010. Sie zahlt Opfern als symbolische Anerkennung ihres Leids mindestens 5000 Euro. Blum räumte Verzögerungen bei der evangelischen Kirche im Umgang mit der Missbrauchsproblematik ein. Die bislang ermittelten 600 Opfer zumeist aus vergangenen Jahrzehnten seien sicher nur eine Teilmenge der insgesamt Betroffenen.
Geplant ist nun eine bundesweite Untersuchung von Missbrauch in der evangelischen Kirche und Diakonie. Erste Ergebnisse sollen 2021 vorliegen. Ziel der Untersuchung und einer möglichen Dunkelfeldstudie sei es auch, spezifische evangelische Risiken zu ermitteln, um zukünftige Missbrauchsfälle zu verhindern, sagte Bischöfin Fehrs.
Betroffene sind unzufrieden
Die Betroffenengruppe "Missbrauch in Ahrensburg" beklagt eine unzureichende Aufarbeitung. Die bisherigen Schritte blieben "weit hinter den Erwartungen der Betroffenen zurück", erklärten die Sprecher der Initiative. Als "Nachweis ernsthaften Aufarbeitungswillens" wird "eine Art Gauck-Behörde für Missbrauchsinformationen" gefordert. Zudem gelte es, Strukturen und Prozesse innerhalb der Organisation zu überprüfen und zu verändern und "tätige Reue" durch Kompensation und Entschädigung zu zeigen.
wo/jj (dpa, epd, kna, afp)