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Ekéus: "Bindende Resolution für Syrien"

Michael Knigge/ cb16. September 2013

Die UN stellt an diesem Montag ihren Bericht zu einem möglichen Giftgasangriff in Syrien vor. Der frühere UN-Waffeninspekteur Rolf Ekéus hält es für unwahrscheinlich, dass der Bericht eindeutige Beweise enthält.

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Der ehemalige UN-Waffeninspekteur Rolf EkéusBild: Imago

DW: Sie waren der Leiter der Sonderkommission der Vereinten Nationen für den Irak und hatten die Aufgabe, die Massenvernichtungswaffen von Saddam Hussein zu kontrollieren und zu zerstören. Sehen Sie Parallelen zwischen Ihren Erlebnissen im Irak und der aktuellen Situation in Syrien?

Rolf Ekéus: Ja, es gibt klare Parallelen. In diesem Fall hat Syrien das russische Angebot akzeptiert, die Waffen identifizieren und auf die eine oder andere Weise ausschalten zu lassen. Entweder sollen sie außer Landes gebracht oder in Syrien zerstört werden.

Das kommt nicht überraschend, denn der Irak und Syrien haben einiges gemeinsam, auch wenn die religiöse Zusammensetzung der Länder unterschiedlich ist. Aber die Mehrheit der Sunniten in Syrien und die Mehrheit der Schiiten im Irak wurden oder werden von Diktatoren unterdrückt, die einen eher säkularen Ansatz haben. Syrien ist natürlich anders, weil wir dort nun eine Rebellion erleben.

An diesem Montag (16.09.2013) sollen die UN-Inspekteure unter der Leitung des Schweden Ake Sellström ihren Bericht über den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien dem UN-Generalsekretär Ban Ki Moon vorstellen. Glauben Sie, dass der Bericht einen eindeutigen Beweis enthält?

Nein, das Ganze ist komplizierter. Die Aufgabe der Inspekteure war es, herauszufinden, ob Chemiewaffen benutzt wurden und falls ja, welche. Sie sollten ja nicht den Schuldigen feststellen. Aber sie sind ein kluges Team. Vielleicht geben sie uns ja genug Informationen, um zu entscheiden, ob die Regierung in Syrien dahintersteckt, was natürlich wahrscheinlich ist.

Sollte der Bericht tatsächlich keinen klaren Beweis dafür liefern, wer hinter dem Anschlag steckt, sind wir dann nicht genau so weit wie vorher?

In gewisser Weise schon. Aber die Situation hat sich verändert. Ich denke, es ist eine sehr gute Idee, alle Chemiewaffen zu zerstören. Es ist die klügste Entscheidung, egal, wer diese Waffen eingesetzt hat. Die meisten von uns sind sich ziemlich sicher, dass es das syrische Regime war.

Nehmen wir mal an, die internationale Gemeinschaft könnte sich auf eine UN-Resolution einigen, die Syriens Chemiewaffen unter internationale Kontrolle stellt. Wie könnte so eine Mission inmitten eines Bürgerkrieges überhaupt durchgeführt werden?

Das liegt zunächst einmal bei den Rebellen. Aber ich denke, die werden froh sein, die Chemiewaffen loszuwerden. Es ist definitiv ein hohes Sicherheitsrisiko, weil es unter den Rebellen auch muslimische Fundamentalisten und Menschen, die Al-Kaida nahestehen, gibt. Sollte man aber Al-Kaida bestimmen lassen, was man unternimmt, um Chemiewaffen loszuwerden? Sich hinter denen zu verstecken, ist feige und kein großer Staatsmann sollte so handeln. Aber ich fürchte, dass solch ein Risiko besteht: Dass der Westen sich hinter Al-Kaida versteckt und sagt, 'Wir können nichts tun, weil diese Leute gefährlich sind.' Das ist doch absurd. Natürlich ist es gefährlich, aber es gibt Methoden und Möglichkeiten, diese Mission mit großem Erfolg durchzuführen.

Präsident Obamas Einstellung zu Syrien während der letzten zwei Jahre hat viele internationale Beobachter irritiert. Wie würden Sie seine Syrien-Politik beurteilen?

Sehr positiv. Ich denke, er ist sehr klug - klüger als die meisten von uns. Deswegen verstehen wir auch nicht, was da gerade passiert. Er ist sich der verschiedenen Seiten des Problems bewusst. Obama ist sicherlich kein Freund von Assad, er fände es großartig, wenn das syrische Volk ihn loswerden könnte, und die sunnitische Mehrheit eine Chance bekäme, das Land zu regieren. Er weiß aber auch, dass die syrische Regierung Teil einer Minderheit von Alewiten ist. Und er weiß, dass Christen, Drusen und sogar Kurden sich auf den Schutz vor fundamentalistischeren Teilen der muslimischen Mehrheit verlassen.

Was erhoffen Sie sich im besten Fall für den Syrien Konflikt, und was ist Ihre schlimmste Befürchtung?

Im besten Fall hoffe ich auf einen Plan, um die Chemiewaffen abzuschaffen. Es würde politisch für Schwung sorgen, wenn die Parteien so bald wie möglich in Genf verhandeln würden. Es ist gut, dass sich US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow jetzt treffen und die ersten Schritte in diese Richtung tun. Ich denke, das ist, was sich jeder in der Region wünscht. Sogar Israel unterstützt so eine friedliche Lösung, und das wäre natürlich auch im Interesse der USA und Europas.

Der schlimmste Fall wäre meiner Meinung nach, wenn das passiert, was der konservative US-Stratege Edward Luttwak sagte: 'Wenn eine Seite gewinnen würde, wäre das eine Tragödie für die andere. Es ist also viel besser, wenn sie sich weiter gegenseitig umbringen, so wird die Balance gehalten, bis alle erschöpft sind.' Ich glaube, das erwartet uns.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Die eine ist, in Genf zu verhandeln. Die andere ist eine Fortsetzung des schrecklichen Leidens in Syrien.

Rolf Ekéus war von 1991 bis 1997 Leiter der Sonderkommission der Vereinten Nationen für den Irak (UNSCOM), wo er dafür verantwortlich war, die irakische Infrastruktur zur Herstellung von Atomwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen lahmzulegen. Von 1997 bis 2000 war er schwedischer Botschafter in den USA. Außerdem ist Ekéus ehemaliger Verwaltungsratsvorsitzender des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI).

Das Gespräch führte Michael Knigge.