Elbphilharmonie: Countdown bis zur Eröffnung
2. Januar 2017Langsam schaukelt die Hafenfähre 72 von den Hamburger Landungsbrücken zwischen Ausflugsbooten hindurch, vorbei an Container-Riesen, auf die Speicherstadt zu. Wo einst im weltgrößten Lagerhauskomplex Kakao, Tee und Tabak zwischengelagert wurden, reckt sich nun weithin sichtbar die spiegelnde Glasfassade der Elbphilharmonie empor.
Am 11. Januar ist es soweit: Nach insgesamt neun Jahren Bauzeit wird das Konzerthaus im Hamburger Hafen feierlich eröffnet. "Endlich", mag mancher sagen und hoffen, dass die endlos scheinende Diskussion um den Neubau nun doch noch ein Ende findet. Die Kosten waren anfangs mit 77 Millionen Euro beziffert worden - letztendlich stiegen sie auf sage und schreibe 789 Millionen Euro an. Die Eröffnung musste um sechs Jahre verschoben werden. Das sorgte für viel Streit in Hamburg und für Schlagzeilen weit über die Region hinaus.
Vergleiche mit weltberühmten Opernhäusern
Nun ist die Elbphilharmonie fertig. Hamburg hat nicht nur ein neues architektonisches Wahrzeichen, sondern auch ein einzigartiges Konzerthaus - sowohl außen als auch innen. Immer wieder werden Vergleiche gezogen mit dem Sydney Opera House oder der Mailänder Scala.
Dem 1963 gebauten Kaispeicher im Hamburger Hafen setzten die Schweizer Stararchitekten Herzog & de Meuron eine fast freischwebend anmutende Glaskonstruktion in Wellenform auf. Alter Backsteinbau und moderne Glitzerfassade sind durch die sogenannte Plaza getrennt – ein Zwischendeck in 37 Metern Höhe. Auf einem umlaufenden Balkon gibt es ein 360-Grad-Panorama auf die Stadt und den Fluss Elbe, auf Kreuzfahrtschiffe, Kräne und Umschlagplätze.
Neuer Besuchermagnet
Seit die Elbphilharmonie im November ihre Pforten öffnete, strömen Besucher auf das Promenadendeck. Am Eingang bilden sich regelmäßig lange Schlangen. 45 Minuten Wartezeit sind keine Seltenheit. Es braucht also ein bisschen Geduld, um über die Plaza flanieren und von dort auch einen Blick ins Innere des Bauwerks werfen zu können. Grundsätzlich ist der Eintritt frei, wird aber reglementiert. Wer ganz sichergehen möchte, an seinem Wunschtermin ein bisschen Elbphiharmonie-Luft zu schnuppern, beosrgt sich sein Ticket für zwei Euro im Internetvorverkauf.
Der Plaza-Besucher schwebt über eine 80 Meter lange Rolltreppe - Tube genannt - durch den alten Backsteinbau, der in erster Linie als Parkhaus dient, aber unter anderem auch den Musiksaal beherbergt. Die eigentlichen Konzertsäle und das Foyer sind in der modernen Glaskonstruktion untergebracht, ebenso ein Hotel und einige noble Eigentumswohnungen.
Konzertkarten sind Mangelware
Das große Publikumsinteresse an der Plaza hat die Kritiker der Elbphilharmonie leiser werden lassen. Die Karten für das Eröffnungskonzert sind längst vergriffen. Und auch die Folgevorstellungen sind ausgebucht. Aber auch ohne Eintrittskarte kann man die Eröffnung live im 360-Grad-Video mitverfolgen. Wer die Akustik im großen und im kleinen Konzertsaal vor Ort erleben will, muss mittlerweile nach einem Konzerttermin im Sommer Ausschau halten.
Noch aber ist es still in dem eigentlichen Herzstück der Elbphilharmonie. Um die Spannung bis zum Eröffnungskonzert am 11. Januar zu steigern, haben Marketingstrategen am Neujahrstag den "Sounddown" gestartet - den Countdown von einer Million Sekunden bis zum ersten Ton im großen Konzertsaal.
Mit Tänzern auf Erkundung im Innern
Im sechsstöckigen Foyer gab es hingegen bereits die erste Vorstellung: Am 1. Januar lud die Choreografin Sasha Waltz zur "Raumerkundung" ein. Die Performance mit mehr als 80 Tänzern, Sängern und Musikern war ausverkauft. Sie führte das Publikum wandernd durch die mit hellem Holz getäfelten Stockwerke 10 bis 16 des Konzerthauses. Zu den Klängen von Chor und Musikern schwebten, schritten und glitten die Tänzer barfuß in bis zu 12 Gruppen zeitgleich über Treppen, auf Geländern oder schmiegten sich an die Begrenzung der Empore, ertasteten den Boden und die Wände, trommelten und wischten auf dem hellen Holz und lehnten sich an die bodentiefe Fensterfront.
Das Innere der Elbphilharmonie mit seinen vielen Details faszinierte das Publikum. "Die Architektur habe ich heute zum ersten Mal gesehen", sagte Benjamin van Bebber, der in Hamburg als Dramaturg arbeitet. "Der große Saal hat mich allemal beeindruckt." Auch die extra aus Berlin angereiste Tänzerin und Choreografin Jacalyn Carley war vom Innenraum begeistert: "Ich fand es wunderbar, wie im Traum, wie auf einem Schiff."
Performance - noch ohne Musik
Wie an Bord eines Ozeanriesen mit seinen unzähligen Treppen und Zwischendecks kann sich der Besucher in den Ebenen des Elbphilharmonie-Foyers verlieren. So spektakulär der Raum auch ist - er ist doch nur der Vorraum des großen und kleinen Konzertsaals.
So wie die Tanzperformance auch nur die Voreröffnung vor dem eigentlichen Eröffnungsabend war. Zwar führte Sasha Waltz die Besucher auch in den 2100 Plätze fassenden großen Konzertsaal - aber die Tänzer bewegten sich zwischen den dick gepolsterten grauen Zuschauersesseln und auf der Bühne ohne jegliche musikalische Unterstützung. Das - angeblich sensationelle - Klangerlebnis bleibt bis zur Premiere ein wohl gehütetes Geheimnis.