Elelktroautos auf der IAA
12. September 2013Gemessen an der Anzahl der ausgestellten Autos spielen die elektrisch angetriebenen Wagen auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt keine große Rolle. Doch kein Hersteller kann es sich mehr leisten, nicht wenigstens ein Modell im Sortiment zu haben.
Opel im Mittelpunkt
Am Messestand drängeln sich die Fotografen. Soviel Aufmerksamkeit bekommt der krisengeschüttelte deutsche Autobauer Opel selten. Das Auto dreht sich auf einer Scheibe, Fernsehteams halten ihre Kameras auf das Objekt in Braun. Die Reichweite? Kein Thema, 400 Kilometer würde er locker schaffen. Doch die Studie "Monza" ist noch gar nicht auf der Straße, und als Elektro-Variante ist er gar nicht erst vorgesehen.
Der aktuelle Stromer in der Opel-Modellpalette, der Ampera, posiert abseits. Kaum einer interessiert sich für ihn. Gut, er ist nicht das Highlight dieser IAA, zeigt aber, wie es um Autos mit alternativem Antrieb bestellt ist. Für Opel jedenfalls steht der PS-Bolide im Mittelpunkt. Der Ampera verkauft sich nach Unternehmensangaben gut, gemessen an allen Zulassungen nur mäßig. Opel-Chef Karl-Thomas Neumann verkündete am Rande der Autoshow, dass das Auto nun 8000 Euro billiger ist – er kostet dann aber immer noch mindestens 38.000 Euro.
Begehrlichkeiten und Kosten
Es ist viel Geld, das Trendsetter und ökologisch bewusste Käufer ausgeben müssen. "Solange Elektroautos doppelt so teuer sind wie normale Fahrzeuge, wird das kein Massenmarkt werden", sagt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive an der Fachhochschule in Bergisch Gladbach. Mit dem i3 und dem i8 ist nun auch BMW mit Schwung in das Strom-Segment vorgestoßen. Die Reaktionen auf die beiden Modelle - die ersten überhaupt, die als reine Elektroautos konzipiert wurden - sind durchweg positiv. Die Bayern setzen damit die Wettbewerber unter Druck.
Es gebe eine neue Messlatte, so hört man auf der IAA. Auch deshalb habe Opel wohl den Preis für seinen Stromer reduziert. Autoexperte Bratzel hält die bayerischen Wagen für gut designt. Ein wichtiger Punkt, denn die Hersteller sollten "Begehrlichkeiten" bei den Kunden wecken: "Die Fahrzeuge müssen so attraktiv sein, dass die Leute bereit sind, mehr Geld auszugeben."
Hinzu kommt: Elektrofahrzeuge sind Zweit- oder gar Drittfahrzeuge. Zu groß ist die Angst der Fahrer, liegen zu bleiben, als dass sie damit längere Reisen unternehmen würden. Die Realität allerdings sieht anders aus.
Nicht mehr als 50 Kilometer
Statistiken besagen, dass 80 Prozent aller Autofahrten nicht länger als höchstens 50 Kilometer sind. Doch es sind eben die anderen 20 Prozent, um die sich Käufer Gedanken machen. Die Angst vor dem Liegenbleiben ist groß, gerade bei Älteren, die auch ihren Benzintank schon nachfüllen, obwohl er noch für 160 Kilometer reichen würde.
Mit Renault ist ein großer europäischer Hersteller schon lange auf der E-Bühne. Die Franzosen treiben das Thema Elektromobilität nicht nur halbherzig voran. ZOE heißt der jüngste Spross aus der Elektrofamilie. Das Auto schafft locker 200 Kilometer, sagen Tester. Renault selbst gibt eine Reichweite von 210 Kilometern an. Der Kleinwagen kostet vergleichsweise schmale 22.000 Euro und stellt damit einige Wettbewerber in den Schatten. Im Frühjahr kommenden Jahres soll es auch die Möglichkeit geben, den Wagen mit einem normalen Haushaltsstecker zu "betanken", denn "Kunden wollen diese Sicherheit haben, wenn sie zum Beispiel die Oma auf dem Land besuchen", sagt Clarice Di-Bernardi von Renault.
CO2-Vorgabe wichtiger Antrieb für die Branche
Nun ist es ja nicht nur so, dass Autoproduzenten aus reiner Experimentierfreude oder ökologischem Bewusstsein nicht-fossil angetriebene Vehikel anbieten. Vielmehr spielt die Europäische Union dabei eine wichtige Rolle. Die Hersteller müssen den CO2-Ausstoß ihrer Flotten noch einmal deutlich reduzieren. Von 120 Gramm CO2 je Kilometer im Jahr 2015 auf dann nur noch 95 Gramm CO2 im Jahr 2020.
Auch für BMW wird das schwer, obwohl es dem Unternehmen bisher gut gelungen ist, den Flottenverbrauch zu reduzieren. Die i-Modelle sind ein wichtiger Baustein für die Zukunft. "Wir werden dafür kämpfen, vernünftige Marktanteile zu bekommen", sagt Vorstandsvorsitzender Norbert Reithofer. In nur wenigen Wochen hätten sich 90.000 Interessierte für Testfahrten mit dem i3 angemeldet. Der Deutschland-Chef von Ford, Bernhard Mattes, hofft auf mehr Unterstützung durch die Politik. "Wir sollten nicht nach Subventionen fragen", sagt er, fordert aber Anreize und Fördermaßnahmen für Elektromobilität.
Bis Ende kommenden Jahres sollen 16 neue Modelle bei den deutschen Händlern stehen. Marktführer VW rechnet damit, 2018 schon 100.000 reine E-Autos zu verkaufen. Gemessen an den heutigen Zahlen wäre das ein Prozent vom konzernweiten Jahresabsatz. Daimler hat neun Modelle mit Batterie- oder Brennstoffzellenantrieb am Laufen.
Die Kunden hätten dann immer noch viele Argumente gegen ein elektrisch angetriebenes Auto. Nur gilt eines dann zumindest nicht mehr: die zu geringe Auswahl.