Elektronik-Band Schiller tritt im Iran auf
11. Dezember 2017Fünf Konzerte wird die deutsche Elektronik-Band in der Hauptstadt Teheran geben."Ich habe ein gutes Gefühl", sagte Schiller-Gründer Christopher von Deylen (Artikelbild) der iranischen Nachrichtenagentur "Mehr News" nach seiner Ankunft. "Wir sind gespannt darauf, wie die Leute unsere Konzerte aufnehmen werden. Ich war immer der Überzeugung: Wenn du ein Gedicht oder ein Musikstück schreibst, dann kannst du es mit um die Welt nehmen und es mit allen Menschen teilen."
Die ersten beiden Auftritte am Montag (11.12.) und Dienstag (12.12.) in der Keshvar Big Hall seien bereits ausverkauft, berichtet das iranische Musikportal Ritmenom, das die Konzerte auch veranstaltet. Auch für die folgenden drei Abende gibt es nach Angaben von Ritmeno nur noch wenige Karten. Es werden die ersten Pop-Konzerte einer westlichen Musikgruppe im Land sein nach der islamischen Revolution vor 39 Jahren.
Empfang mit Blumen
Schiller gehört unter Elektronik-Fans im Iran schon seit Jahren zu den beliebtesten europäischen Musikgruppen. "Ich habe im Internet schon immer positives Feedback von iranischen Fans erhalten", erzählt von Deylen. "Sie haben mich bei vielen Gelegenheiten gebeten, im Iran aufzutreten. Im vergangenen Jahr haben wir uns dann nach einem Schriftwechsel mit Mostafa Kabiri (einem der Veranstalter, Anm. d. Red.) dazu entschieden, im Iran aufzutreten. Und ich freue mich sehr über diese Einladung."
Der iranische Journalist Reza Khaasteh hat ein Video von der Ankunft der Band in Teheran auf Twitter veröffentlicht. Darauf ist zu sehen, wie von Deylen und seine Kollegen von ihren Gastgebern mit Blumen begrüßt werden.
An allen fünf Abenden werden Schiller zwei Stunden lang auftreten. Ihre Fans dürfen sich auf ihre größten Hits und "eine kleine Überraschung" freuen, wie Schiller-Gründer von Deylen ankündigte. Schiller entstand 1998 als Club-orientiertes Musikprojekt. Gleich ihre erste Single "Das Glockenspiel" wurde ein Hit; fünf ihrer neun bislang veröffentlichten Alben erreichten die Spitze der deutschen Charts.
Vorsichtige Öffnung unter Präsident Ruhani
Seit der iranischen Revolution 1979, als der westlich orientierte Schah vertrieben wurde und Ajatollah Chomeini als politischer und religiöser Führer die Macht übernahm, gilt westliche Musik dem iranischen Klerus offiziell als eine Verschwörung des Westens zur "kulturellen Invasion" eines islamischen Landes. Schon 2008 wollte eine iranische Musikfirma ein Pop-Konzert im Iran veranstalten. Doch der Live-Auftritt des irischen Sängers Chris de Burgh in Teheran scheiterte an einem Veto des Klerus. Obwohl die Musikfirma TS sogar eine Erlaubnis vom Kultusministerium hatte und de Burgh selbst in Teheran war, musste das Konzert kurzfristig abgesagt werden.
Seit dem Beginn der Präsidentschaft Hassan Ruhanis und besonders nach dessen Wiederwahl in diesem Jahr fährt die Regierung nicht nur politisch, sondern auch kulturell und gesellschaftlich einen weniger strengen Kurs. Und so können jetzt junge Iraner zum ersten Mal in vier Jahrzehnten wieder ein Popkonzert einer westlichen Band in ihrem Land erleben.
ka/pl (dpa/financialtribune.com/twitter.com)