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Empörung über "Charlie Hebdo"-Karikatur

Kevin Tschierse
10. Februar 2023

Das französische Satiremagazin "Charlie Hebdo" hat eine Karikatur über das verheerende Erdbeben in der Türkei veröffentlicht. Kritiker werfen dem Magazin nun Geschmacklosigkeit und Rassismus vor.

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Der französische Zeichner Pierrick Juin sitzend mit verschränkten Armen in die Kamera schauend
Pierrick Juin hat die umstrittene Karikatur über das Erdbeben in der Türkei gezeichnetBild: LIONEL BONAVENTURE/AFP/Getty Images

Am 7. Februar 2023 teilte das französische Satiremagazin "Charlie Hebdo" auf Twitter eine Karikatur des Zeichners Pierrick Juin. Sie zeigt Trümmerhaufen und ein einstürzendes Haus, darunter steht der Satz: "Jetzt muss man keine Panzer mehr schicken."

Viele Social-Media-Nutzer finden die Zeichnung unangemessen und beleidigend. Bei dem gewaltigen Erdbeben in der Türkei und in Syrien sind nach offiziellen Angaben bisher mehr als 19.000 Menschen ums Leben gekommen.

Kommentare reichen von "geschmacklos" bis "rassistisch"

Weltweit lassen Menschen ihrer Wut über die "geschmacklose" Karikatur freien Lauf: Einige verurteilen die Zeichnung als "Hassrede", "dumm" und "rassistisch". Andere bezeichnen das Satiremagazin als "Schande für die Menschheit".

"Beschämend, pathetisch und schäbig", schreibt das Bosporus-Institut, das sich für die Stärkung der französisch-türkischen Freundschaft einsetzt. Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu greift einen Tweet des Franko-Türken Yigit Öngen auf: "Ich war in Paris, als es einen Terroranschlag auf euch gab, und ich habe an dem Marsch teilgenommen, um euch zu unterstützen. Es macht mich traurig zu sehen, dass ihr keine Moral habt." 

Desweiteren beklagen Kritiker, dass "Charlie Hebdo" die Naturkatastrophe in der Türkei und in Syrien für politische Satire ausnutze. Im Zentrum des Kreuzfeuers steht der Karikaturist Pierrick Juin, aus dessen Feder die umstrittene Karikatur stammt. Der 35-Jährige zeichnet seit 2015 für das Magazin. 

Karikatur lässt Raum für Interpretationen

Die Karikatur kann unterschiedlich interpretiert werden. Sie kann als abfälliger Kommentar zu den Angriffen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf kurdische Milizen in Nordsyrien interpretiert oder als Verweis auf die aktuelle Debatte um Panzerlieferungen europäischer Staaten an die Ukraine verstanden werden. Länder, wie in dem Falle die Türkei, würden sich auch ohne europäische Panzer selbst zerstören. 

Kopf des französischen Zeichners Pierrick Juin mit Hornbrille in die Kamera schauend
Pierrick Juin ist erst nach dem Attentat auf Charlie Hebdo im Jahr 2015 Mitglied der Redaktion geworden Bild: LIONEL BONAVENTURE/AFP/Getty Images

Die Redaktion von "Charlie Hebdo" äußert sich wie gewöhnlich nicht öffentlich dazu und überlässt den Lesenden die Interpretation. Scharfe Kritik sind die Macher hinter dem Magazin gewohnt. Seit vielen Jahren ecken sie mit ihren Karikaturen an und bringen immer wieder  Menschen muslimischen Glaubens gegen sich auf. Im Januar 2015 griff eine bewaffnete Gruppe als Reaktion auf die Mohammed-Karikaturen, den Sitz von "Charlie Hebdo" in Paris an und tötete ein Dutzend Mitarbeiter. Selbst dieser Anschlag vermochte es nicht, die Redaktion einzuschüchtern, die beharrlich die Meinungsfreiheit verteidigt und sich dabei nicht einschränken lässt.

Die aktuelle Karikatur ist nicht die erste, die sich auf ein Erdbeben bezieht. Schon im Jahr 2016 verhöhnte eine Karikatur mit der Überschrift "Erdbeben im italienischen Stil" die Opfer eines schweren Erdbebens in Italien . Die Karikatur zeigt blutüberströmte Menschen als Pastagerichte. Social-Media-Nutzer griffen das Magazin damals mit den Worten "Das ist keine Satire" an. Einer der Zeichner verteidigte die Karikatur als schwarzen Humor.