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Klitschkos langer Kampf um Kiew

Roman Goncharenko26. Mai 2014

Vitali Klitschko wollte Präsident werden. Doch er verzichtete zugunsten des Milliardärs Petro Poroschenko auf seine Kandidatur und wird stattdessen nun Bürgermeister von Kiew. Vor ihm stehen große Aufgaben.

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Vitali Klitschko bei der Stimmabgabe (Foto: REUTERS/David Mdzinarishvili)
Bild: Reuters

"Wegen Renovierung geschlossen." Ein großes weißes Schild versperrt den Eingang zum künftigen Arbeitsplatz von Vitali Klitschko. Der 42-jährige Politiker und Boxweltmeister hat am Sonntag (25.05.2014) die Bürgermeisterwahl in der ukrainischen Hauptstadt Kiew gewonnen. Er bekam mehr als 50 Prozent der Stimmen, so das vorläufige Ergebnis. Auch seine Partei UDAR (Schlag) erhielt wohl die meisten Stimmen bei der Wahl zum Stadtrat - mehr als 30 Prozent.

Vor der Stadtverwaltung weist ein weißes Schild auf die Renovierung des Gebäudes hin (Foto: DW)
Vor der Stadtverwaltung weist ein weißes Schild auf die Renovierung des Gebäudes hinBild: DW/R. Goncharenko

Demnächst wird Klitschko in das massive Gebäude der Kiewer Stadtverwaltung, den Sitz des Bürgermeisters auf der Prachtstraße Chreschtschatik einziehen. Während der Revolution im Winter war es von oppositionellen Demonstranten besetzt. Jetzt wird das Gebäude wieder auf Vordermann gebracht. Die Aufschrift "Stab der Revolution", die jemand mit schwarzer Farbe auf die Fassade gesprüht hatte, ist bereits teilweise entfernt.

Favorit in Umfragen

Dabei hatte Klitschko eigentlich schon einen anderen Amtssitz im Blick, das nahegelegene Präsidialamt. Monatelang galt er als Favorit bei einer Präsidentenwahl. Als noch von einer regulären Wahl ausgegangen wurde, hatte er als erster eine Kandidatur angekündigt.

Während der oppositionellen Proteste im Winter stand Klitschko auf der Seite der Demonstranten. Er sprach sowohl mit radikalen Aktivisten als auch mit der Polizei, um Blutvergießen zu vermeiden. Später verhandelte Klitschko gemeinsam mit anderen führenden Oppositionspolitikern im Namen der Protestbewegung mit dem damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Nach dessen Flucht nach Russland schien Klitschko bei der vorgezogenen Wahl ein aussichtsreicher Anwärter zu sein.

Klitschko tritt auf die Bremse

Doch es kam anders. Im März verzichtete Klitschko überraschend auf die eigene Kandidatur für das Präsidentenamt und rief seine Anhänger auf, den Milliardär Petro Poroschenko zu unterstützen. Er selbst bewarb sich um das Bürgermeisteramt in Kiew.

Es war bereits Klitschkos dritter Anlauf in acht Jahren. Bereits 2006 und 2008 hatte er vergeblich versucht, Bürgermeister der Drei-Millionen-Metropole am Ufer des Dnjepr-Flusses zu werden. Kiew ist die größte und die wohlhabendste Stadt des Landes. Wer sie regiert, bewegt Milliardensummen. Die frühere Regierung des Präsidenten Janukowitsch hatte jahrelang eine reguläre Wahl des Bürgermeisters immer wieder hinausgezögert, um die Kontrolle über die Stadt zu behalten.

Allianz mit Poroschenko

Präsidentschaftswahlen in der Ukraine Poroschenko und Klitschko (Foto: REUTERS/Gleb Garanich)
Petro Poroschenko und Vitali Klitschko feiern ihre Wahlsiege gemeinsamBild: Reuters

Warum Klitschko auf seine Präsidentschaftskandidatur verzichtete, ist unklar. Fest steht nur, dass Poroschenko ihm dafür sehr dankbar ist. Das wurde auf der ersten Pressekonferenz nach Schließung der Wahllokale am Sonntagabend deutlich. Zwei Namen leuchteten in roten Buchstaben gleich groß auf einer Wand im Saal des Kiewer Kunst-Zentrums "Mystezkij Arsenal": Poroschenko und Klitschko.

Klitschko gratulierte Poroschenko zum Sieg bereits im ersten Wahlgang, Poroschenko bedankte sich für die Unterstützung und gratulierte Klitschko zum Sieg bei der Kiewer Bürgermeisterwahl. Es gab Umarmungen und Händeschütteln. Die Botschaft: Wir zwei räumen jetzt auf.

Chance für neue Erfahrungen

Mit der Wahl zum Bürgermeister hat Klitschko nun die Chance, Erfahrungen zu sammeln. Viele sahen es als sein größtes Manko an, dass er trotz einer zehnjährigen Laufbahn als Politiker bislang keine einflussreichen Ämter innehatte.

Während der "Orangenen Revolution" im Jahr 2004 hatte Klitschko wie auch Poroschenko den damaligen prowestlichen Präsidentschaftskandidaten Viktor Juschtschenko unterstützt. Seitdem wechselte Klitschko mehrmals die Partei. Erst 2012 kam der Durchbruch mit einer eigenen Partei. Klitschkos UDAR bekam bei der Parlamentswahl auf Anhieb rund 14 Prozent der Stimmen und wurde so zweitstärkste Oppositionskraft. Der künftige Präsident Poroschenko ist auf Klitschkos Abgeordnete im Parlament angewiesen.

Klitschko will Maidan renovieren

"Ich will Kiew zu einer wirklich europäischen Hauptstadt machen", sagte Klitschko vor seiner Wahl. Als Bürgermeister wird er viel zu tun haben. Kiew droht der Verkehrskollaps. Lange Staus sind allgegenwärtig. Außerdem schimpfen viele Kiewer über neue Hochhäuser, die das historische Stadtbild verändern. Als Kiews schlimmste Krankheit gilt die Korruption beim Verkauf von Grundstücken. Klitschko verspricht sie auszurotten.

Als erstes will sich Klitschko offenbar mit der Renovierung des Unabhängigkeitsplatzes (Maidan) beschäftigen. Barrikaden und Zelte der Protestbewegung sollte man jetzt räumen, sagte er auf einer Pressekonferenz am Montag (26.05.2014) - die Stadt solle wieder in Frieden leben.