Energie aus feurigen Bergen
11. Juli 2012An die Staus in Jakarta erinnert sie sich noch gut, auch an die Rufe der Muezzine und die schwierigen Debatten über Palmöl. Vor 17 Jahren war Angela Merkel schon einmal in Indonesien zu Besuch - damals noch als Bundesumweltministerin. "Es ist unschwer festzustellen, dass Indonesien seitdem eine rasante Entwicklung genommen hat", sagte sie am Mittwoch (11.07.2012) in Jakarta, bei ihrem ersten Besuch als Bundeskanzlerin.
240 Millionen Menschen leben in Indonesien. Es ist der größte und der am schnellsten wachsende Markt Südostasiens. Doch mit dem wirtschaftlichen Erfolg steigt auch der Stromverbrauch. Staatspräsident Susilo Bambang Yudhoyono gibt sich da als Fan von grüner Energie. Beim Treffen mit Merkel wiederholte er einmal mehr die Devise seiner Amtszeit: Man setze verstärkt auf alternative Energiequellen wie Wasserkraft, Solarenergie - und Geothermie.
Ressourcen bleiben ungenutzt
Gerade die Vulkane sollen vom Tod- zum Heilsbringer werden: Denn Indonesien liegt auf einem Vulkangürtel, dem so genannten "Feuerring", der den pazifischen Ozean umringt. Dadurch hält das Land geschätzte 40 Prozent der weltweiten Erdwärmereserven. Das ist so viel wie in keinem anderen Land.
250 Standorte hat die indonesische Regierung ausgemacht, an denen aus Erdwärme Strom produziert werden könnte: Seulawah auf Sumatra, Ijen auf Java oder Tomohon auf Sulawesi etwa. Würden alle heißen Ressourcen genutzt, könnten genug Gigawatt produziert werden, um Industrie und Bevölkerung zu versorgen. Wenn auch aus logistischen Gründen nicht auf allen der 17.000 Inseln. Derzeit sind in Indonesien 15 Geothermie-Anlagen in Betrieb; das letzte Geothermie-Kraftwerk ging 1997 ans Netz.
Erschließung von Erdwärmefeldern ist risikoreich und teuer
Nicht alle Erdwärmefelder sind geeignet, haben die richtige Temperatur, ausreichend Druck oder Durchlässigkeit. "Man versucht erst, sich mit geophysischen, geochemischen und geologischen Untersuchungen ein Bild zu machen, wie es unter der Erde aussieht", erklärt Thorsten Schneider von der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Jakarta.
Anschließend werde gebohrt – mit hohem finanziellem Risiko: "So eine Bohrung kostet drei bis fünf Millionen US-Dollar. Die sind dann weg, wenn man nicht fündig wird." Und eine Bohrung reicht noch lange nicht. Der Bau eines Geothermie-Werks ist letztlich geschätzt zwei bis drei Mal so teuer wie der Bau eines Kohlekraftwerks.
Neben den hohen Investitionskosten erschweren der Bürokratie-Dschungel, Auflagen und staatliche Preisvorgaben den Fortschritt. Gerade bei den Rahmenbedingungen, so Schneider, "hakt es in Indonesien im Moment noch ein bisschen."
Deutsches Geld und Know-How
Die meisten der bestehenden Anlagen werden von der staatlichen Gas- und Ölgesellschaft PT Pertamina betrieben. Doch beim künftigen Durchbruch soll das Ausland dem aufstrebenden Indonesien helfen: Neben Japan, Australien und den USA gehört Deutschland zu den großen Gebern. Rund 300 Millionen Euro hat die Bundesregierung als Hilfe zugesagt.
"Allerdings: Deutschland ist kein Vulkanland", sagt Professor Ernst Huenges vom Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ). Aber deutsche Forscher hätten die notwendigen Technologien entwickelt: "Im Moment wird in Indonesien ausschließlich nur der Dampf der Erdwärme genutzt. Wir können in Deutschland auch die Energie des heißen Wassers verwerten." So könnte die Produktion signifikant gesteigert werden: "60 Gigawatt sind nicht unwahrscheinlich."
In Indonesien kooperiert das GFZ mit lokalen Partnerfirmen. Gemeinsam erkunden sie potenzielle Gebiete und tauschen sich über die technischen Möglichkeiten aus. Dieser Tage - parallel zum Besuch der Kanzlerin in Indonesien - war Huenges wieder mit Kollegen in Jakarta, um die Zusammenarbeit voranzutreiben.
Lernen statt verdienen
Es gehe primär um den Austausch von Know-How, sagt Ernst Huenges vom GFZ. So könnten Maschinenbau-, Ingenieur- und IT-Branche in Deutschland noch einiges dazulernen. "Und wenn es um den Kraftwerksbau geht, mit Elektrotechnik, mechanischer Ausrüstung und Ähnlichem, ist das mit Sicherheit auch für deutsche Unternehmen interessant", ergänzt Schneider von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Beide Regierungen haben sich in ihrer Abschlusserklärung darauf verständigt, den Anteil der erneuerbaren Energien in Indonesien bis 2015 auf 25 Prozent zu steigern. "Utopisch", nennt das Thorsten Schneider. Bundeskanzlerin Merkel bezeichnet es als "anspruchsvolles Ziel" und betont: "Ich glaube, das sind sehr wichtige Dinge, bei denen Deutschland Indonesien auch zur Seite stehen möchte."