Neue Energie für griechische Finanzen?
20. April 2015Vor knapp zwei Wochen war Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras in Russland, nun reist der Chef des russischen Energieversorgers Gazprom, Alexej Miller, (Artikelbild) nach Athen. Es werde um Energiefragen gehen, teilte das griechische Umwelt- und Energieministerium kurz und knapp mit. Auf Nachfrage der Nachrichtenagentur AFP teilte das Ministerium dann aber doch noch mit, es werde auch um die Gasleitung und den Gaspreis gehen.
Geld für Gas-Transfer durch Griechenland?
Je weniger Informationen, desto mehr Spekulationen gibt es. Und so verlautete aus Kreisen der Regierung in Athen, es könnte schon am Dienstag ein Vertrag über die Verlängerung der Turkish-Stream-Pipeline durch Griechenland unterzeichnet werden. Bereits zuvor hatte der griechische Energieminister Panagiotis Lafazanis erklärt, es werde bald eine Absichtserklärung über den Bau einer Leitung durch Griechenland geben.
Mit der Pipeline will der russische Staatmonopolist Gazprom ab 2017 sein Gas unter Umgehung der Ukraine in Europa verkaufen. Nachdem das lange vorbereitete Pipeline-Projekt South Stream, das eine Leitung durch Bulgarien vorsah, vergangenen Dezember geplatzt war, rückte die Alternativroute durch die Türkei mit einer Verlängerung durch Nordgriechenland bis zur Grenze mit Mazedonien in den Fokus.
Viele Grundsatzfragen zur Pipeline noch unklar
Allerdings sind sich Russland und die türkische Regierung bisher noch nicht einig über den Bau, daher wäre ein Vertrag mit Griechenland derzeit für die russische Seite mit vielen Risiken behaftet. Verschiedene Medienmeldungen, in denen es hieß, Russland werde dem pleitebedrohten Griechenland für die Leitung drei bis fünf Milliarden Euro im Voraus zahlen, wollte Moskau nicht bestätigen.
Aber vielleicht, so lauten andere Spekulationen, setzt Griechenland als Gegenleistung für den möglichen Gas-Transit auch auf niedrigere Preise für russische Erdgaslieferungen.
Neuer Unbill für Gazprom durch die EU?
Einen Tag vor dem Treffen in Athen kamen wiederum aus Brüssel Verlautbarungen, die den Gazprom-Chef vermutlich mehr beschäftigen dürften, als seine Reise nach Athen. Aus so genannten informierten Kreisen hieß es, die EU-Kommission werde am Mittwoch gegen den russischen Energieriesen Klage wegen Wettbewerbsverstoßes einreichen.
Die Wettbewerbsbehörde hatte im September 2012 ein Verfahren gegen Gazprom eingeleitet. Ihr Vorwurf: der Staatmonopolist missbrauche seine beherrschende Marktposition bei der Gasversorgung in Mittel- und Osteuropa. Betroffen sind nach damaligen Angaben acht Länder, darunter Polen und die baltischen Staaten. Rund 25 Prozent des in der EU verbrauchten Gases kommt aus Russland. Sollte die Kommission Gazprom Verstöße gegen das europäische Recht nachweisen können, drohen dem Konzern Geldbußen bis zur Höhe von zehn Prozent seines Jahresumsatzes.
cw/fab (apf, rtr, dpa)