Gasspeicher für die Energiewende
1. September 2015Die Energieversorgung durch Solar- und Windkraftanlagen ist abhängig von Wind und Sonne. Da beides nicht immer zur Verfügung steht, gerät die deutsche Energieversorgung – die heute jedoch zunehmend auf genau diese Ressourcen setzt - ohne neue Speicher langfristig in Not.
Nach einer aktuellen Studie der Forschungsstelle für Energiespeicher an der TH Regensburg und dem Berliner Analyseinstitut Energy Brainpool könnte mit der sogenannten Power-to-Gas-Technologie das Problem gelöst werden. Zudem soll diese Speichertechnik für Deutschlands Energiewende langfristig kostengünstig sein. Greenpeace Energy war es, die diese Untersuchung in Auftrag gegeben hatte.
Aus Wind-und Sonnenstrom wird Gas
Bei der Power-to-Gas-Technologie wird mithilfe der Elektrolyse Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff (H2) gespalten. Der Wasserstoff wird dann in in einem weiteren chemischen Prozess mit Kohlendioxid angereichert - Methan entsteht. Da dieses Gas natürlichem Erdgas recht ähnlich ist - es besteht immerhin zu 85 bis 98 Prozent aus Methan - könnten hierfür dieselben Speicher genutzt werden. Deutschland verfügt über große unterirdische Erdgasspeicher. In den ehemaligen Erdöl- und Erdgaslagerstätten angelegt.
Für die Energiewende seien die Erdgaslager ideal, sagt Studienautor Michael Sterner. "Die heute vorhandenen Speicherkapazitäten im Erdgas-System reichen theoretisch aus, um den deutschen Strombedarf für mehr als drei Monate so zu decken", erklärt Sterner. "Keine andere Speichertechnologie in Deutschland hat so eine große Speicherkapazität."
In der Studie rechnen die Wissenschaftler aus, wie eine vollständige Stromversorgung mit 100 Prozent erneuerbaren Energien bis 2050 in Deutschland gelingen kann. Denn durch die Speichermöglichkeiten der Power-to-Gas-Technologie könne der vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien gelingen - so das Fazit der Forscher. Zudem würden so die Kosten für die Energiewende um hohe Milliardenbeiträge gesenkt.
Power-to-Gas - die Lösung?
Bis 2050 will die Bundesregierung die Treibhausgasemissionen um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 senken, und den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung von heute 30 auf 80 Prozent erhöhen. Nach Regierungsplänen soll zur Mitte des Jahrhunderts noch 20 Prozent des Stroms mit fossilen Energien erzeugt werden.
Nach Berechnungen der Wissenschaftler könnte eine Stromversorgung mit Solarstrom und der Power-to-Gas-Technologie schon ab 2030 finanziell günstiger sein als eine Stromversorgung, die auch auf fossile Energien setzt. Bereits 2040 könnte Deutschland pro Jahr so zwischen zwei und sechs Milliarden Euro sparen - 2050 zwischen zwölf und 18 Milliarden Euro jährlich.
Die Vollversorgung im Stromsystem sei so deutlich günstiger zu haben als beim von der Bundesregierung angestrebten Energiemix, so Marcel Keiffenheim von Greenpeace Energy. Mit Einführung dieser Technik im größeren Maßstab würden die Kosten für das Stromsystem ab 2020 zunächst leicht erhöht. Ab etwa 2035 würden sich diese Ausgaben aber lohnen, meint Thorsten Lenck von Energy Brainpool.
Ein Anfang
Auch Großunternehmen wie E-On, RWE, Vattenfall, Audi, VW, Toyota, Siemens und Bayer steigen mittlerweile auf die Power-to-Gas-Technologie um. 2010 gingen in Deutschland Pilotanlagen mit einer Gesamtkapazität von rund 20 Megawatt in Betrieb.
Für eine komplette Stromversorgung mit erneuerbaren Energien in Deutschland müsste laut der Studie die installierte Gesamtkapazität der Elektrolyse-Anlagen bis 2050 jedoch fast 7000 Mal größer sein. Für eine sichere Stromversorgung würden Power-to-Gas-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 134 Gigawatt (GW) gebraucht.
Die Technik eignet sich jedoch nicht nur für den Stromsektor. Auch Kerosin für Flugzeuge, Diesel und Benzin für den Verkehr oder Methanol für die chemische Industrie lassen sich damit herstellen. "Für alles was wir bisher aus Erdöl und Gas herstellen, ist die Technologie von Power-to-Gas maßgeblich", so Michael Sterner. Um den Deutschen Erdölbedarf bis 2050 mithilfe dieser Technik zu ersetzen, würden laut Studie weitere Elektrolyse-Anlagen mit einer Kapazität von 134 GW gebraucht.
Aktueller Stand: "Noch nicht lohnenswert"
"Power-to-Gas ist ausgereift und steht zur Verfügung. Doch unter den aktuellen Bedingungen lohnt sich der Einsatz nicht", sagt Ulrich Benterbusch, Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur (dena). "Das verhindert weitere Investitionen in die vielseitige Zukunftstechnologie." Energieexperten wie Benterbusch wollen dies ändern und schlagen der Bundesregierung Maßnahmen vor. Laut dena-Strategie soll die Regierung eine breite Markteinführung von Power-to-Gas vorantreiben, bis zum Jahr 2022 könnte dann in Deutschland Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 1000 Megawatt stehen.
Die Politik erkennt das Potenzial und fördert Pilotprojekte. "Es ist eine innovative Spitzentechnologie, es hat das Potenzial, eine zentrale Rolle für die Energieversorgung einzunehmen“, betonte NRW Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) bei Inbetriebnahme einer Power-to-Gas Anlage vom Energieversorger RWE. "Mit einem Nutzungsgrad von 86 Prozent ist die Anlage die effizienteste in Deutschland", erklärt RWE-Technikvorstand Joachim Schneider stolz. RWE nutzt die Abwärme der Elektolyse für das Fernwärmenetz.