Ennio Morricone: Der Maestro ist tot
Er galt als Perfektionist, der besessen an jeder Note feilte. Jetzt starb der italienische Komponist, der den Soundtrack zu unzähligen Filmen schrieb, mit 91 Jahren.
Ein langes Komponistenleben
Am liebsten komponierte er im stillen Kämmerchen zuhause in Rom. Schon im Alter von sechs Jahren hatte er damit angefangen und erst kurz vor seinem 90. Geburtstag aufgehört. Rund 500 Filmmusiken gehen auf sein Konto. Gar nicht so viel, meinte er einmal: "Man erinnert sich daran, was Bach komponiert hat und wie viel Mozart in 33 Jahren geschrieben hat, und man sieht, ich bin unbeschäftigt dagegen."
Für eine Handvoll Dollar
Der Italo-Western war nicht der erste Film, für den Morricone den Soundtrack schrieb, aber "Für eine Handvoll Dollar" verschaffte ihm 1964 den internationalen Durchbruch. "Ennio vermag mit seiner Musik Dinge auszudrücken, die sonst in Bildern hätten dargestellt werden müssen", sagte Regisseur Sergio Leone über den Komponisten, mit dem er als Kind gemeinsam die Schulbank drückte.
Spiel mir das Lied vom Tod
Leone und Morricone arbeiteten bei sieben Western zusammen, mit "Spiel mir das Lied vom Tod" schrieben sie endgültig Filmgeschichte. Unüblich für das Genre war die geradezu opernhafte Musik. Außerdem verpasste Morricone jedem Charakter ein eigenes musikalisches Thema. Die klagende Mundharmonika der Hauptfigur ist Schlüssel zum Verständnis der Handlung - warum erfährt man jedoch erst am Schluss.
1900
In diesem Drama von 1976 beleuchtete Bernardo Bertolucci die Freundschaft zwischen den Söhnen eines Landarbeiters (Gérard Depardieu, M.) und eines Großgrundbesitzers (Robert de Niro, r.) vor dem Erstarken des italienischen Faschismus. Morricone untermalte die Geschichte mit bekannten Melodien aus Verdi-Opern. Eine von ihm selbst komponierte Musik avancierte zur Hymne der spanischen Sozialisten.
Cinema Paradiso
Giuseppe Tornatores Film aus dem Jahre 1988 ist eine Hommage an ein Kino in einem sizilianischen Fischerdorf, das den mittlerweile berühmten Regisseur Salvatore als Kind verzauberte. Die Musik dazu komponierte Morricone gemeinsam mit seinem Sohn Andrea. Ihr "Tema d'amore" bildete den perfekten Rahmen für den nostalgischen Rückblick in eine vergangene Epoche.
Das Ding aus einer anderen Welt (1982)
Als zwei Wissenschaftler einen tiefgefrorenen Außerirdischen entdecken, ist das der Auftakt zu einem Horrorszenario. Regisseur John Carpenter wünschte sich von Morricone für seinen Film Musik voller "Furcht und Verzweiflung". Im legendären Titelstück "Humanity (Part II)" gibt der Bass dann auch einen Herzschlag vor, der nicht menschlich erscheint und dem "Ding" ein ganz spezielles Leben einhaucht.
The Hateful Eight
Quentin Tarantino hatte Morricone schon mehrmals bekniet, ihm den Soundtrack für einen ganzen Film zu schreiben und nicht nur einzelne Stücke zu überlassen wie bei "Kill Bill" oder "Django Unchained". Schließlich reiste er selbst nach Rom und steckte den Komponisten mit seinem Enthusiasmus an. Der komponierte erstmals wieder Musik für einen Western und erhielt dafür endlich einen Oscar.
Endlich - der Oscar
Fünf Mal reiste er hoffnungsvoll nach Hollywood, weil er für die beste Filmmusik nominiert war, u. a. für "Die Unbestechlichen" (1988) und "Der Zauber von Malèna" (2001). Er musste 87 Jahre alt werden, um die Trophäe 2016 endlich in Händen halten zu können. Zwar hatte er schon 2007 einen Oscar für sein Lebenswerk bekommen, aber der zählte nie so richtig.
Über 60 Jahre glücklich verheiratet
Er hat unzählige Preise gewonnen, seit 2016 ist sein Namen auf dem Walk of Fame verewigt. Aber der Maestro ist ganz Gentleman, wenn er sagt: "Der beste Preis meines Lebens war die Feier der Goldenen Hochzeit mit meiner Frau Maria." Und so widmete er seiner großen Liebe auch seinen jüngsten Oscar.
Mit 90 ist Schluss
Am 10. November 2018 feierte Ennio Morricone seinen 90. Geburtstag. Danach gab er noch ein paar Abschiedskonzerte von Sankt Petersburg über Paris bis London und Berlin. Überall erntete er tosenden Applaus. Jetzt ist die Musiklegende endgültig von der Bühne abgetreten.