"Offen rassistische" Anfrage der AfD
26. Juni 2019Neben der ausstellenden Behörde des Passes will die rechtspopulistische Partei aber auch wissen, welche Ausbildung die Balletttänzer und Orchestermusiker an staatlichen Theatern und die Sänger in Opernstudios haben. Auch die Ausbildungsstationen der Künstler will die AfD erfahren.
"Die Anfrage der AfD spricht für sich selbst, und sie führt zur Überlegung, was für ein Sinn sich dahinter verbergen könnte", sagte der Geschäftsführende Intendant der Staatstheater, Marc-Oliver Hendriks, der Deutschen Presse-Agentur. "Es fällt schwer, ein edles Motiv zu unterstellen."
Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) nannte die Anfrage ein Alarmsignal. Es sei ein Armutszeugnis, wie sich die AfD gegen die Staatstheater stelle. Mit rund 1400 Mitarbeitern aus 50 Nationen sind die Staatstheater der größte staatliche Kulturbetrieb in Baden-Württemberg.
Am kommenden Samstag soll in Stuttgart gegen die geforderte Auflistung ausländischer Künstler protestiert werden. "Wir sind entsetzt über diese offen rassistische Anfrage der AfD", sagte Cuno Brune-Hägele, der Stuttgarter Verdi-Geschäftsführer.
Qualität entscheidet
Das Stuttgarter Kunstministerium kündigte an, die Anfrage beantworten zu müssen: "Es ist das Recht der Mitglieder des Landtags, parlamentarische Anfragen und Anträge an die Regierung zu richten", sagte ein Sprecher. Er betonte, es würden keine Listen über die Staatsangehörigkeiten geführt. "Die Auswahl erfolgt allein nach künstlerischen Qualitätsmaßstäben." Eine für die Anfrage eigens aufgesetzte, detaillierte Erhebung der Staatsangehörigkeit sei nicht vorgesehen. Da die Staatstheater aber niemals Buch über die Herkunft der Künstler geführt hätten, sei der Aufwand, jetzt entsprechende Listen anfertigen zu müssen, immens, sagt Thomas Koch, Kommunikationschef der Staatstheater.
Diffuse Argumentation
Die AfD wehrt sich gegen jede Kritik: "Die Frage nach der Staatsangehörigkeit der Künstler zielt vor allem auf eine realistische Bestandsaufnahme des Status quo", sagte der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag, Rainer Balzer. Erreicht werden solle zudem eine Einschätzung der Qualität der eigenen Nachwuchskünstler und Ausbildungsstätten im internationalen Vergleich. In Deutschland aufwachsende Künstler könnten es aufgrund der Ganztagsschule unter Umständen schwer haben, ausreichend Zeit zur künstlerischen Betätigung zu finden, vermutet Balzer unter anderem.
Was er allerdings damit meint, erschließt sich nicht. Initiativen wie unter anderem "Jedem Kind sein Instrument" (Jeki), Tanzworkshops, Theateraufführungen und Chorwettbewerbe sind Bestandteil des Ganztagsangebotes an deutschen Schulen - auch in Baden-Württemberg.
cgn/rb (dpa, Stuttgarter Zeitung)