Erdogan-Besuch: Köln ist abgeriegelt
29. September 2018Der türkische Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Zentralmoschee der umstrittenen Türkisch-Islamischen Union DITIB in Köln eröffnet. Zuvor war der Präsident auf dem Flughafen Köln/Bonn von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet begrüßt worden. Er habe in dem etwa einstündigen Gespräch am Flughafen Köln/Bonn die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei angemahnt, sagte Laschet.
Präsident Erdogan hält seinen ersten Staatsbesuch in Deutschland für gelungen. "Es war ein erfolgreicher Besuch", sagte er in seiner Rede zur Eröffnung der großen Moschee. Die Reise habe die deutsch-türkische Freundschaft vertieft. Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe er "wichtige Themen ehrlich besprochen", unter anderem wirtschaftliche Investitionen und wie man "effektiv gegen Rassismus und Islamophobie ankämpfen" könne.
Erdogan forderte erneut einen entschlosseneren Kampf gegen die Gülen-Bewegung. Deren Anhänger dürften "keinen Unterschlupf finden", weder in Europa noch in den USA, sagte Erdogan. Die türkische Führung macht die Bewegung um den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Insgesamt forderte Erdogan einen "stärkeren Kampf" gegen den Terrorismus in Europa, auch gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK.
Autobahnen gesperrt
Wegen Erdogans Besuch ist ganz Köln abgeriegelt. Alle wichtigen Autobahnen im Ballungsraum Köln-Bonn waren bei der Ankunft Erdogans gesperrt und sollen auch am Abend bei seiner Abfahrt erneut blockiert werden.
Stadt und Polizei legten einen großen Sicherheitsbereich fest, es fuhren Wasserwerfer und Hundertschaften auf. "Niemand wird auch nur in die Nähe der Moschee kommen", hatte die Stadt vor der Feier betont. "Ein Einlass ist nur mit einer Einladung möglich." In Köln herrscht die höchste Sicherheitsstufe. Die Polizei ist mit mehr als 3000 Beamten im Einsatz.
Die Lage blieb trotz des Andrangs feiernder Türken bis zur Ankunft Erdogans am Nachmittag ruhig, wie die Polizei mitteilte. Feiernde Erdogan-Anhänger zogen fahnenschwingend durch das Viertel an der Moschee.
Kein Sicherheitskonzept
Die Veranstaltung an der Moschee war kurzfristig umgeplant worden: Wegen erheblicher Sicherheitsbedenken hatte die Stadt am Vorabend eine dort geplante Außenveranstaltung mit Tausenden Besuchern untersagt.
Die DITIB hatte auf Facebook zu der Feier eingeladen und mit zahlreichen Besuchern gerechnet. Die Kölner Behörden hatten dafür ein ausreichendes Sicherheitskonzept verlangt, etwa zu Sanitätern und Fluchtmöglichkeiten - nach eigenen Angaben vergeblich.
Die DITIB reagierte mit Unverständnis, die Organisation könne "die Begründungen nicht nachvollziehen", hieß es in einer auf Facebook verbreiteten Mitteilung. Der Verband werde der Anweisung aber folgen - "gemäß unseres Respektes gegenüber dem Recht".
Auch Erdogan-Gegner versammelten sich bereits am Vormittag in Köln. Zu den Teilnehmern an der Demonstration zählten auch viele Kurden. Sie trugen Transparente mit Aufschriften wie "Stoppt die Erdogan-Diktatur" und "Erdogan - go home".
Arbeitsfrühstück mit Merkel
Am Vormittag traf Erdogan am letzten Tag seines Staatsbesuchs in Deutschland erneut mit Kanzlerin Angela Merkel zusammen. Im Zeichen des eher frostigen Vortags kamen sie am Vormittag zu einem Arbeitsfrühstück im Kanzleramt zusammen. Laut einem Sprecher der Bundesregierung ging es währenddessen unter anderem um die wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Zuvor hatte es kaum Anzeichen für eine Wiederannäherung im deutsch-türkischen Verhältnis gegeben, selbst beim Staatsbankett am Vorabend wurden die Differenzen überdeutlich. Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnten die Einhaltung der Pressefreiheit und der Menschenrechte an. Merkel sprach nach ihrem Treffen mit Erdogan von weiterhin "tiefgreifenden Differenzen".
Erdogan wich vom Manuskript ab
Der türkische Präsident wies die Vorwürfe deutlich zurück. Zudem wich er von seinem Redemanuskript ab. Er forderte nachdrücklich Respekt für die türkische Justiz und damit für das Auslieferungsersuchen für den in der Türkei verurteilten Journalisten Can Dündar. "Hunderte, Tausende" von Terroristen liefen in Deutschland frei herum, sagte Erdogan. "Sollen wir darüber etwa nicht sprechen? Sollen wir dazu nichts sagen?"
Dündar, ehemals Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet", war wegen eines Artikels zu Waffenlieferungen des türkischen Geheimdiensts nach Syrien verurteilt worden und lebt in Deutschland im Exil. Erdogan besteht auf der Auslieferung Dündars.
jmw/mak (afp, dpa)