Erdogan gibt sich betont ruhig
23. Dezember 2013Inmitten des Korruptionsskandals in der Türkei besucht Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan Pakistan. In der ostpakistanischen Stadt Lahore nahm er an einer Veranstaltung teil, bei der beide Länder eine engere Zusammenarbeit im Energiebereich vereinbarten.
Erdogan unter Druck
Zu Hause gerät Erdogans islamisch-konservative Regierung wegen des Korruptionsskandals, der das Land seit Tagen erschüttert, zunehmend in Bedrängnis. Als Reaktion auf die Festnahmen von Dutzenden Verdächtigen durch die Staatsanwaltschaft am vergangenen Dienstag hatte die Regierung zahlreiche ranghohe Polizisten des Amtes entheben lassen, darunter den Polizeichef von Istanbul. Türkische Zeitungen berichteten, Journalisten sei der freie Zutritt zu Polizeibehörden ohne Einladung landesweit nicht mehr gestattet. Bereits zuvor hatte die Regierung demnach eine Verfügung erlassen, wonach Polizisten ihre Vorgesetzten über Ermittlungen künftig informieren müssen.
Die Regierung von Präsident Erdogan war von den Festnahmen vergangene Woche überrascht worden. Unter den Untersuchungshäftlingen sind die Söhne von Innenminister Muammer Güler und Wirtschaftsminister Zafer Caglayan. Auch gegen den Chef der staatlichen Halkbank, Süleyman Aslan, und einen Bauunternehmer wurden den Berichten zufolge Strafverfahren eingeleitet. Der Verdacht: Die Beteiligten sollen illegale Geld- und Goldgeschäfte der Bank mit dem sanktionsbelegten Iran eingefädelt und organisiert haben. Den Beschuldigten werden unter anderem Bestechung hoher Regierungsmitglieder, Betrug und Geldwäsche vorgeworfen. Die Bank weist alle Vorwürfe zurück.
Mächtige Bewegung um Fetullah Gülen
Erdogan bezeichnete die Korruptionsermittlungen als "dreckige Operation" gegen seine Regierung mit Hintermännern im In- und Ausland, ohne sich näher über einzelne Personen und Gruppierungen zu äußern.
Als treibende Kraft hinter den Korruptionsenthüllungen sehen Beobachter die mächtige Bewegung des seit 1999 im amerikanischen Exil lebenden Predigers Fetullah Gülen. Der 72-Jährige frühere Imam, der als islamischer Reformer gilt, steuert aus seinem Exil in den USA ein Netz von Schulen, Akademien, Medienunternehmen und Wohltätigkeitsorganisationen. In der türkischen Justiz und im Polizeiapparat gilt die Gülen-Bewegung als einflussreich. Gülen-Anhänger kontrollieren viele Schaltstellen im Polizeiapparat, in der Justiz und der Verwaltung.
Die Affäre wird nun auch zu einer Belastung für die Beziehungen der Türkei zu den USA. Mehrere türkische Medien berichteten, die USA drängten auf Ermittlungen gegen die Halkbank, weil das Geldinstitut gegen die Iran-Sanktionen verstoßen habe.
qu/wl (afp, dpa)